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05.12.2025 | Bau & Immobilien | ID: 1239136

Auswirkung der Rodentizidsachkundeverordnung auf die Schädlingsbekämpfung

Anna Sophie Dalinger

Mit 1. Jänner 2026 gilt in Österreich ein neues Regime für die Abgabe rodentizider Biozidprodukte. Die wichtigsten Neuerungen für die Hausverwaltung bei der Schädlingsbekämpfung und den Einsatz von Rattengift hier im Überblick.

Antikoagulantien, die nur für die berufliche Verwendung zugelassen sind, dürfen ab dem 1. Jänner 2026 nur noch von Personen mit gültigem Rodentizidsachkundenachweis abgegeben werden; die Selbstbedienungsabgabe ist verboten. Die Verordnung definiert zudem, wer als berufsmäßiger Verwender gilt, regelt Umfang, Dauer und Anerkennung der Sachkunde, schreibt Inhalte der Schulung vor und statuiert Dokumentationspflichten für Abgebende. Für Hausverwaltungen bedeutet dies in der Praxis einen klaren Kurswechsel: Ohne eigene, formell sachkundige Personen entfällt ab 1. Jänner 2026 die Option, professionelle Rodentizide selbst zu beschaffen und zu verteilen; in Wien kommt hinzu, dass die Bekämpfung von Ratten und Mäusen in Gebäuden behördlich dem konzessionierten Schädlingsbekämpfungsgewerbe vorbehalten ist. Die öffentliche Hand und Dritte können die Einhaltung durchsetzen; Verstöße sind verwaltungsstrafbar.

Rodentizidsachkundeverordnung: Dokumentations- und Abgabepflichten; Selbstbedienungsverbot

Die Verordnung verpflichtet Abgebende, wesentliche Daten zur Abgabe zu erfassen und zu speichern, insbesondere Identität des Empfängers, Nachweis der Sachkunde, Produkteigenschaften und Menge, Datum und Abgabestelle. Die Abgabe im Selbstbedienungsweg ist ausnahmslos untersagt. Diese Dokumentationsschiene ist nicht bloß formales Beiwerk, sondern behördlich kontrollierbare Voraussetzung ordnungsgemäßer Marktteilnahme. Für Hausverwaltungen entfällt damit die Möglichkeit, professionelle Rodentizide über unpersönliche Kanäle zu beziehen; der Erwerb setzt eine persönliche Interaktion mit einem sachkundigen Abgeber und die Vorlage eines gültigen Nachweises voraus. Das betrifft einkaufende Mitarbeiter ebenso wie externe Hausbetreuer, die im Namen der Eigentümergemeinschaft handeln.

Sanktionen bei Verstößen nach dem Biozidproduktegesetz

Verstöße gegen auf das Biozidproduktegesetz gestützte Verordnungen erfüllen Tatbestände des Verwaltungsunrechts. Das Biozidproduktegesetz stellt die Zuwiderhandlung gegen Verordnungen, die auf das Gesetz gestützt sind, unter Geldstrafe, deren Höhe am Unrechtsgehalt und der Gefährdungsausrichtung des Verhaltens ausgerichtet ist. Neben der Bestrafung sind behördliche Sicherungs und Maßnahmenbefugnisse vorgesehen, etwa die Abnahme von Produkten, die Abbruchsanordnung für rechtswidrige Abgaben oder das Verbot der weiteren Verwendung. Für Unternehmen, die durch strukturelle Versäumnisse Mehrfachverstöße ermöglichen, erhöht sich das Organisationsverschulden und damit das Risiko empfindlicher Sanktionen. Hausverwaltungen sollten diese öffentlich rechtliche Dimension als eigenen Compliance-Strang behandeln, unabhängig von zivilrechtlichen Haftungsrisiken.

Erhaltungspflichten des Vermieters und der Eigentümergemeinschaft

Die Bekämpfung von Ratten und Mäusen berührt unmittelbar die miet und wohnrechtlichen Erhaltungspflichten. Nach dem Mietrechtsgesetz hat der Vermieter die Liegenschaft im jeweils dem ortsüblichen Standard entsprechenden Zustand zu erhalten; dazu zählt die Abwehr gesundheitsgefährdender Zustände, wozu ein Ratten oder Mäusebefall zählt. Die Pflicht zur Erhaltung der allgemeinen Teile einer Liegenschaft trifft im Wohnungseigentum die Eigentümergemeinschaft, die hier als Verband handelt. Diese Erhaltungspflichten indizieren zugleich die Pflicht zur verlässlichen Organisation von Schädlingsmonitoring und bekämpfung. Unterbleiben zumutbare Maßnahmen, drohen Mietzinsminderungen, Schadenersatzforderungen und die Aufsichtssanktionen nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Die Hausverwalterin hat als Geschäftsführerin im Rahmen der ordentlichen Verwaltung die erforderlichen Maßnahmen anzuberaumen und durchzuführen, einschließlich der Beauftragung geeigneter Fachunternehmen, wenn die Lage dies erfordert.

Schädlingsbekämpfung: Pflichten und Verantwortlichkeit der Verwalterin

Das Wohnungseigentumsgesetz umschreibt detailliert die Stellung der Verwalterin. Sie hat für die ordnungsgemäße Erhaltung der Liegenschaft und die Einhaltung öffentlich rechtlicher Vorschriften zu sorgen, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr rechtzeitig einzuleiten und die Eigentümergemeinschaft zu vertreten. Diese Pflichten schlagen im Schädlingskontext unmittelbar durch: Die Verwalterin muss ein geeignetes, rechtstreues Bekämpfungskonzept initiieren, Liefer und Abgabeketten an das neue Abgaberegime anpassen, die Auswahl sachkundiger Dienstleister nachprüfbar dokumentieren und den Vollzug kontrollieren. Kommt sie dem nicht nach, drohen der Gemeinschaft zivilrechtliche Nachteile; daneben kann die Untätigkeit als Verstoß gegen die gebotene ordentliche Verwaltung zu qualifizieren sein.

Gewerberechtliche Abgrenzung: Schädlingsbekämpfung als reglementiertes Gewerbe

Die gewerbliche Schädlingsbekämpfung ist ein reglementiertes Gewerbe mit erhöhten Zugangsvoraussetzungen. Das Tätigkeitsbild umfasst die Bekämpfung von Schadorganismen in und an Bauwerken samt Auswahl und Anwendung geeigneter Mittel und Verfahren. Diese gewerberechtliche Einordnung signalisiert, dass die eigenständige Durchführung fachlich anspruchsvoller Bekämpfungsmaßnahmen durch Hausverwaltungen ohne entsprechende gewerberechtliche Befugnis rechtliche Grenzen hat. Zwar ist die interne Wahrnehmung von Erhaltungsaufgaben keine Gewerbeausübung für Dritte; in der Praxis laufen jedoch die fachlichen Anforderungen, die Dokumentationspflichten und die Haftungsrisiken darauf hinaus, die Bekämpfung qualifiziert an konzessionierte Betriebe zu vergeben, zumal diese kraft Verordnung als sachkundig gelten. Dies gilt im urbanen Raum besonders deutlich, wo Rattenpopulationen aufgrund von Kanal und Hofstrukturen komplexe Bekämpfungsstrategien erfordern.

Die Einkaufsfunktion antikoagulanter Rodentizide verschiebt sich strukturell auf konzessionierte Schädlingsbekämpferbetriebe, die die Produkte entweder selbst beschaffen und anwenden oder sie – soweit rechtlich zulässig – an sachkundige berufsmäßige Verwender im Unternehmen der Hausverwaltung abgeben. Ohne formale Sachkunde entfällt jede interne Beschaffungsoption.

Schädlingsbekämpfung: Lagerung, innerbetrieblicher Umgang und Dokumentation

Wo Hausverwaltungen über sachkundiges Personal verfügen, bleibt die Lagerung rodentizider Produkte ein sensibler Punkt. Die Verordnung adressiert primär die Abgabe und die damit verknüpfte Dokumentation, setzt aber mittelbar Standards für innerbetriebliche Kontrolle, indem sie Sachkundeinhalte und die Pflicht zur Datenerfassung beim Abgebenden normiert. In der Praxis wird erwartet, dass sachkundige Verwender Lagerorte sichern, den Zugriff Unbefugter ausschließen, Haltbarkeiten und Mengenstand dokumentieren und die Produktkreisläufe lückenlos nachweisen können, um Rückfragen der Behörden zu bedienen. Wo die Abgabe durch einen Schädlingsbekämpfer an die Hausverwaltung erfolgt, schließen vertragliche Vereinbarungen über Mengenkontingente, Einsatzorte und Rücknahmen die Lücke zwischen öffentlich rechtlichen Vorgaben und interner Compliance. Dies gilt umso mehr, als Verstöße gegen Abgabebeschränkungen regelmäßig mit Mängeln in der Lager und Bestandskontrolle einhergehen.

Anwendung im Gebäude: Interne Eigenleistung versus Fremdvergabe

Die Anwendung antikoagulanter Rodentizide ist – unabhängig von der Beschaffung – fachlich heikel. In Wien ist sie in Gebäuden ausschließlich von zum Schädlingsbekämpfungsgewerbe Berechtigten vorzunehmen; interne Eigenleistungen sind damit rechtlich ausgeschlossen. In anderen Ländern ist das Landesrecht zu prüfen; bereits das bundesrechtliche Gefüge drängt allerdings stark zur Fremdvergabe, weil die Verordnung die Qualifizierung der handelnden Personen und die Abgabekanäle formalisiert und das Gewerberecht die fachliche Eignung bündelt. Selbst wenn eine Hausverwaltung sachkundige Mitarbeiter beschäftigt, verbleibt das Risiko, dass die Tätigkeit die Grenze zur gewerblichen Schädlingsbekämpfung überschreitet, was die entsprechende Befugnis voraussetzt. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich eine klare Linie: Monitoring und Sichtkontrollen können hausintern organisiert werden; die Bekämpfung – insbesondere das Auslegen und Nachlegen antikoagulanter Köder – sollte verlässlich an konzessionierte Betriebe vergeben werden.

Selbstbedienungsverbot und Online-Kanäle

Das Selbstbedienungsverbot untersagt jede Form der Abgabe ohne persönliche Interaktion mit sachkundiger Abgeberin oder sachkundigem Abgeber, ungeachtet der Vertriebsform. Davon sind auch klassische Online-Shops betroffen, soweit sie professionelle Rodentizide anbieten; zulässig bleiben allenfalls Bestellmodelle mit qualifizierter Identifizierung und Sachkundenachweisprüfung durch sachkundige Abgebende vor Übergabe. Für Hausverwaltungen eliminieren sich dadurch schnelle Beschaffungswege; stattdessen müssen Einkaufsprozesse auf nachweislich sachkundige Lieferanten umgestellt werden, deren Abgabedokumentation die behördlichen Anforderungen erfüllt. Der organisatorische Aufwand steigt, die Rechtssicherheit ebenfalls.

Schnittstellen zum Abfall- und Gefahrgutrecht

Rodentizide und kontaminierte Köder sowie Kadaver von Zielorganismen nach Köderaufnahme berühren Abfall und, je nach Transport, Gefahrgutrecht. Die Sachkundeschulung adressiert Grundzüge der ordnungsgemäßen Entsorgung; die Einhaltung ist Teil einer haftungsfesten Umsetzung. Im Verhältnis zur Eigentümergemeinschaft ist sicherzustellen, dass Entsorgungswege vertraglich fixiert und protokolliert werden und dass die Beauftragungskette im Schadensfall nachvollzogen werden kann. Die Verordnung setzt auch hier einen Qualitätsmaßstab, indem sie den Wissensstand der handelnden Personen anhebt.

Organisationspflicht als Haftungsbarriere

Die Judikatur zur Verkehrssicherung zeigt, dass eine tragfähige Organisation die beste Haftungsbarriere ist. Übertragen auf den Schädlingskontext bedeutet dies, dass klare Prozesse, definierte Verantwortlichkeiten, regelmäßige Kontrollen und eine lückenlose Dokumentation die maßgeblichen Bausteine sind. Je enger die Verwalterin die fachlichen Prozesse des Schädlingsbekämpfers strukturiert begleitet und je sauberer die Nachweise geführt werden, desto robuster ist die Position im Streitfall. Die neue Verordnung liefert dafür ein normatives Geländer, an dem sich die interne Organisation ausrichten kann.

Compliance-Architektur für die Hausverwaltung

Eine belastbare Compliance Architektur verbindet abgaberechtliche, gewerberechtliche und wohn/mietrechtliche Komponenten. Abgaberechtlich geht es um die Prüfung von Sachkundenachweisen und Abgabedokumenten. Gewerberechtlich um die Beauftragung Befugter und die Kontrolle deren Einsatzes. Wohn/mietrechtlich um die fristgerechte und wirksame Gefahrenabwehr zur Wahrung der Erhaltungspflichten. Querschnittlich kommt die behördliche Kommunikation hinzu, insbesondere die Bedienung von Dokumentations und Vorlagepflichten. Diese Architektur sollte unternehmensweit standardisiert sein, um Ausfälle einzelner Personen zu kompensieren und die Revisionssicherheit zu erhöhen.

Wirtschaftliche Implikationen und Kostenkommunikation

Die Umstellung wird Kosten verursachen: Schulungen oder vermehrte Fremdvergabe, intensivere Dokumentation, strengere Lieferantenprüfung und behördliche Interaktionen. Transparente Kostenkommunikation gegenüber Eigentümergemeinschaften ist daher essenziell. Aus juristischer Sicht ist eine frühzeitige Beschlussfassung über das Bekämpfungsmodell und das Budget angeraten, um spätere Anfechtungsrisiken zu vermeiden. Zugleich ist darauf hinzuweisen, dass Verstöße gegen das Abgaberecht und die landesrechtlichen Bekämpfungsvorschriften nicht nur Sanktionen nach sich ziehen, sondern im Zivilrecht als Organisationsverschulden durchschlagen können, was im Ergebnis teurer ist als rechtstreue Prävention.

Fazit

Die Rodentizidsachkundeverordnung markiert ab 1. Jänner 2026 einen deutlichen Paradigmenwechsel in der Beschaffung und im Umgang mit professionellen Rodentiziden. Für Hausverwaltungen endet die Möglichkeit, ohne formale Sachkunde, antikoagulante, ausschließlich für berufliche Verwendung zugelassene Produkte zu beziehen; die Selbstbedienungsabgabe ist untersagt. In Wien ist darüber hinaus die Bekämpfung in Gebäuden ausschließlich befugten Schädlingsbekämpfern vorbehalten. Diese Schichtungen greifen ineinander und verschieben die Rolle der Hausverwaltung auf die rechtssichere Organisation, Beauftragung und Kontrolle.

Zivilrechtlich bleibt die Erhaltungspflicht leitend; deliktisch entscheidet die Qualität der Organisation. Öffentlich-rechtlich sorgen Abgabe und Dokumentationsregime sowie landesrechtliche Hygienevorschriften für einen dichten Vollzug. Die pragmatische Empfehlung lautet, die Bekämpfung an konzessionierte Fachbetriebe zu verlagern, interne Prozesse zu standardisieren, die Compliance Dokumentation zu stärken und frühzeitig die Eigentümergemeinschaften in die notwendigen Beschlüsse einzubinden. Wer diese Linie verfolgt, minimiert Haftungsrisiken und erfüllt die gesteigerten rechtlichen Anforderungen ab dem Stichtag.

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