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Tiroler Bauordnung 2022 (TBO 2022)
§ 36. Rechtmäßigkeit des Bestandes
(1) Die Behörde hat hinsichtlich bestehender baulicher Anlagen, für die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung eine Baubewilligung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, festzustellen, ob das Vorliegen der Baubewilligung zu vermuten ist oder nicht. Das Vorliegen der Baubewilligung ist zu vermuten, wenn aufgrund des Alters der baulichen Anlage oder sonstiger besonderer Umstände davon auszugehen ist, dass aktenmäßige Unterlagen darüber nicht mehr vorhanden sind und überdies kein Grund zur Annahme besteht, dass die betreffende bauliche Anlage entgegen den zum Zeitpunkt ihrer Errichtung in Geltung gestandenen baurechtlichen Vorschriften ohne entsprechende Bewilligung errichtet oder geändert worden ist.
(2) Eine lagemäßige Abweichung von Gebäuden gegenüber der Lage aufgrund der Baubewilligung von höchstens 120 cm ist jedenfalls rechtmäßig:
- bei Gebäuden, für die die Baubewilligung nach den baurechtlichen Vorschriften vor der Novelle LGBl. Nr. 10/1989 zur seinerzeitigen Tiroler Bauordnung erteilt worden ist, und
- bei Gebäuden, für die die Baubewilligung nach der seinerzeitigen Tiroler Bauordnung in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 10/1989 oder nach der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 31/1997, erteilt worden ist, sofern deren Abstände gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken außer zu Verkehrsflächen im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung zumindest das Doppelte der gesetzlichen Mindestabstände betragen haben.
(3) Unbeschadet des Abs. 2 gelten bestehende bauliche Anlagen, die abweichend von einer erteilten Baubewilligung ausgeführt oder baulich geändert wurden, nach Maßgabe der lit. a, b und c als rechtmäßig, wenn die Abweichungen vom Baukonsens seit mindestens 35 Jahren bestehen und diese
- vor dem 31. Jänner 1976 erfolgt sind oder
- zwischen dem 31. Jänner 1976 und dem 1. März 1989 erfolgt sind, sofern die Abweichungen vom Baukonsens zu diesem Zeitpunkt genehmigungsfähig gewesen wären oder
- zwischen dem 1. März 1989 und dem 1. März 1998 erfolgt sind, sofern die Abweichungen vom Baukonsens zu diesem Zeitpunkt genehmigungsfähig gewesen wären und die Abstände der baulichen Anlage gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken außer zu Verkehrsflächen im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung zumindest das Doppelte der gesetzlichen Mindestabstände betragen haben.
(4) Das Vorliegen eines vermuteten Baukonsenses nach Abs. 1 oder eines rechtmäßigen Bestands nach Abs. 2 oder Abs. 3 ist auf Antrag des Eigentümers oder von Amts wegen mit Bescheid festzustellen. Bei der Feststellung der Rechtmäßigkeit nach Abs. 2 und 3 ist die zum Zeitpunkt der Errichtung bzw. Ausführung oder der baulichen Änderung der baulichen Anlage maßgebliche Sach- und Rechtslage anzuwenden. Anlässlich der Feststellung des Vorliegens eines vermuteten Baukonsenses oder der Rechtmäßigkeit des Bestandes ist weiters der aus der baulichen Zweckbestimmung der betreffenden baulichen Anlage hervorgehende Verwendungszweck festzustellen.
(5) Dem Antrag sind ein Lageplan, im Fall von Gebäuden mit den Inhalten nach § 31 Abs. 2, eine Baubeschreibung sowie Bestandspläne, aus denen die wesentlichen Merkmale der baulichen Anlage ersichtlich sind, bei physischer Einbringung in zweifacher Ausfertigung anzuschließen. Im Fall des Abs. 2 sind die lagemäßigen Abweichungen im Lageplan darzustellen. Im Fall des Abs. 3 sind die Abweichungen vom Baukonsens in den Bestandsplänen darzustellen. Der Nachweis in welchem Zeitraum die bauliche Anlage errichtet bzw. ausgeführt oder die bauliche Änderung durchgeführt wurde ist vom Eigentümer durch Rechnungen, Fotos oder andere Belege glaubhaft zu machen. Für die elektronische Einbringung gilt § 29a sinngemäß.
(6) Wird ein Feststellungsverfahren von Amts wegen eingeleitet, hat die Behörde dem Eigentümer die Vorlage der erforderlichen Unterlagen nach Abs. 5 binnen einer angemessenen Frist aufzutragen. Wird diesem Auftrag nicht entsprochen, so ist die Feststellung, wonach das Vorliegen der Baubewilligung nicht zu vermuten ist, zu treffen. Im Auftrag ist auf diese Rechtsfolge hinzuweisen.
(7) Die Feststellung, wonach das Vorliegen der Baubewilligung zu vermuten ist oder die Feststellung der Rechtmäßigkeit des Bestandes einer bestehenden baulichen Anlage ist dem Bestehen der Baubewilligung gleichzuhalten. Die Feststellung, wonach das Vorliegen einer Baubewilligung nicht zu vermuten ist oder die Rechtmäßigkeit des Bestandes nicht festgestellt werden kann, ist dem Fehlen der Baubewilligung gleichzuhalten.
(8) Im Feststellungsverfahren haben die Nachbarn (§ 33) hinsichtlich der Voraussetzungen nach Abs. 1, 2 oder 3 Parteistellung, soweit diese auch ihrem Schutz dienen.
(9) Für die Dauer eines Feststellungsverfahrens ist § 46 mit Ausnahme von Abs. 6 letzter Satz sowie § 67 mit Ausnahme von Abs. 1 lit. o Z 2 nicht anzuwenden. §§ 34, 47 und 48 sind sinngemäß anzuwenden.
(LGBl. Nr. 72/2025)