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Personenstandsrecht 2025: Richtiges Vorgehen bei Personen ungeklärter Herkunft
Wenn Identität und Herkunft einer Person nicht feststellbar sind, greifen im österreichischen Personenstandsrecht besondere Verfahren. Was gilt es in Bezug auf die Eintragung im Register und die Ausstellung von Urkunden zu beachten?
Personen ungeklärter Herkunft: Begriff und praktische Relevanz
Der Begriff „Personen ungeklärter Herkunft“ (bezeichnet im österreichischen Personenstandsrecht jene Personen, deren Herkunft nicht oder nur unzureichend durch die Personenstandsbehörde festgestellt werden können. Solche Konstellationen treten insbesondere dann auf, wenn eine Person ohne ausreichende Identitätsnachweise im Inland angetroffen wird – etwa als Findelkind als unbegleiteter Minderjähriger oder als erwachsene Person, die keine oder nur unvollständige Angaben zu ihrer Herkunft machen kann. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und reichen von Flucht und Vertreibung über Staatenlosigkeit bis hin zu Fällen, in denen eine Person bewusst oder unverschuldet ohne Dokumente im Bundesgebiet lebt.
Es handelt sich dabei um einen Begriff, der seinem Ursprung nach genuin dem Personenstandsrecht entstammt. Die Qualifikation eines Fremden als Person ungeklärter Herkunft bietet den Personenstandsbehörden einen Anknüpfungspunkt, um nach Maßgabe des PStG 2013 ein entsprechendes Verfahren einzuleiten und die Eintragung im ZPR vornehmen zu können. Ob die betroffene Person nach anderen Rechtsmaterien zB nun als Asylwerber, subsidiär Schutzberechtigter oder als keiner dieser Kategorien zu qualifizieren ist, hat in diesem Zusammenhang lediglich untergeordnete Bedeutung.
Gesetzlicher Rahmen, Verfahrensablauf
Das österreichische Personenstandsrecht verpflichtet die Behörden nicht nur zur Eintragung von Personenstandsfällen, die im Inland eintreten, sondern – unter bestimmten Voraussetzungen – auch zur Nachtragung von im Ausland eingetretenen Fällen. Nach § 35 Abs 2 PStG 2013 gilt dies für:
- österreichische Staatsbürger,
- Staatenlose und Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland,
- Flüchtlinge im Sinne der GFK mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland,
- Personen, deren Beziehung zum Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen ist.
Für diese Personengruppen trifft die österreichischen Personenstandsbehörden die Pflicht, etwa Name, Geschlecht, Geburtsort und -tag, Staatsangehörigkeit oder Familienstand in das ZPR einzutragen, obwohl diese Personenstandsfälle nicht in Österreich eingetreten sind.
Beispiel:
Eine syrische Staatsbürgerin ist als Asylwerberin in Österreich aufhältig. Ihre standesamtliche Eheschließung mit einem Landsmann fand bereits vor der Flucht in der Türkei statt. Da sie nun einen Antrag auf Familiennachzug stellen möchte, beantragt sie die Nachtragung ihrer im Ausland geschlossenen Ehe ins österreichische ZPR.
Gerade bei diesen Gruppen kann es aber vorkommen, dass wesentliche dieser typischen Personenstandsfälle nicht oder nur unvollständig feststellbar sind. Hier soll durch das PStG 2013 die Möglichkeit geschaffen werden, anstelle der fehlenden Identitätsmerkmale fiktive Daten festzusetzen. Diese werden dann auch in amtliche Dokumente (zB Lichtbildausweis) übernommen, wobei etwa bei der Staatsangehörigkeit ausdrücklich auf den ungeklärten Status hingewiesen wird.
Hinweis:
Die Rechtsprechung hat explizit festgehalten, dass einem Fremden, dessen Identität (reales Geburtsdatum, realer Geburtsort, vor der Einreise richtigerweise zu führender Name) ungeklärt bleibt (ohne dass er diese verschleiern würde), eine Niederlassungsbewilligung in Bescheidform nicht alleine aufgrund dieses Umstandes versagt werden darf. Das Personenstandsrecht kehrt nämlich gerade für Fälle ungeklärter Identität von Fremden mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland vielmehr dergestalt vor, dass anstelle der vorgenannten Identitätsmerkmale im Falle ihrer mangelnden Ermittelbarkeit fiktive festgesetzt werden können. Diese könnten dann jedenfalls in den auszustellenden Lichtbildausweis eingetragen werden, wobei es bei der Staatsbürgerschaft mit dem Hinweis, diese sei ungeklärt, sein Bewenden haben müsste (VwGH 21. 12. 2001, 2001/19/0070).
Kann die Herkunft einer Person von der Personenstandsbehörde also nicht im Einzelnen festgestellt werden, so sieht § 34 PStG 2013 dafür ein mehrstufiges Verfahren vor:
Ermittlungen durch die Personenstandsbehörde
Die Behörde, in deren Amtsbereich die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, hat zunächst selbst entsprechende Ermittlungen zur Herkunft und zum wahrscheinlichen Alter und Geschlecht der infrage stehenden Person anzustellen. In der Praxis wird hierfür regelmäßig ein ärztliches Gutachten zur Alters- und Geschlechtsbestimmung eingeholt.
Vorlage an den Landeshauptmann
Kann die Herkunft im Sinne der Bestimmung nicht geklärt werden, sind die von der Behörde gewonnenen Ermittlungsergebnisse dem Landeshauptmann mitzuteilen. Dieser ist diesfalls als zuständige Behörde verpflichtet - nach Abschluss eines eigenen Verfahrens gem § 66 PStG 2013 (zur Namensfestsetzung) – einen gebräuchlichen Vor- und Familiennamen festzusetzen und dies gemeinsam mit dem Geburtsdatum sowie Geburtsort und Geschlecht der Personenstandsbehörde im Wege des ZPR anzuzeigen.
Während dabei jedenfalls Name und Familienname durch einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt des Landeshauptmannes mit allgemein verbindlicher Wirkung festgesetzt werden, erfolgt die Festsetzung des Geburtsdatums nur für Zwecke der Eintragung und ist widerlegbar. Sofern der Geburtsort nicht bekannt ist, ist als Ort der Geburt die Gemeinde anzuführen, in der die Personenstandsbehörde ihren Sitz hat (§ 34 Abs 3 PStG 2013).
Wird später nachgewiesen, dass das festgesetzte Datum der Geburt nicht zutrifft, ist eine Berichtigung möglich. Auch die Namensfestsetzung ist aber (trotz grundsätzlich bindender Wirkung) vom Landeshauptmann zu widerrufen, sobald die Herkunft oder der (wahre) Familien/-Name der Person ermittelt worden ist, da damit die Voraussetzung für die getroffene Maßnahme weggefallen ist. Die Eintragung des Personenstandsfalles hat dann auf die sonst übliche Weise (allenfalls von Amts wegen) zu erfolgen.
Zuständig ist der Landeshauptmann, in dessen Amtsbereich die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat sie keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist der Landeshauptmann von Wien zuständig.
Hinweis:
Zweck dieser „Einschaltung“ eines Landeshauptmannes, ist der einfache Umstand, dass der Gesetzgeber darauf Rücksicht nimmt, dass die rechtliche Beurteilung von Fällen mit Auslandsberührung vor allem jene Personenstandsbehörden, die nur selten mit solchen Fällen befasst sind, vor oft schwierige Probleme stellt, zumal ihnen in der Regel nicht die notwendigen Arbeitsbehelfe für die Ermittlung des anzuwendenden ausländischen Rechts zur Verfügung stehen (vgl. in diesem Sinne auch § 64 PStG 2013 zur Möglichkeit der Einholung einer Rechtsauskunft beim jeweiligen Landeshauptmann).
Personen ungeklärter Herkunft: Eintragung im Register
Verfahrenstechnisch ist zum soeben bereits Festgehaltenen zu ergänzen, dass die Eintragung im ZPR durch den Landeshauptmann erst dann erfolgt, wenn die Namensfestsetzung mit Bescheid im Sinne des § 66 PStG 2013 abgeschlossen ist; also der Bescheid des Landeshauptmanns zugestellt und die Rechtmittelfrist abgelaufen (der Bescheid in Rechtskraft erwachsen) ist.
Falls notwendig, kann die Personenstandsbehörde von der Eintragung verständigt werden.
Ausstellung von Urkunden
Auf Basis dieser Daten kann eine Geburtsurkunde ausgestellt werden, die alle üblichen Angaben (mit Ausnahme der Eltern) enthält. Die Angaben bleiben jedoch - insbesondere hinsichtlich des Geburtsdatums und des Namen - provisorisch und sind bei späterer Klärung zu berichtigen.
Achtung:
Die Pflicht zur Anzeige eines Personenstandsfalles in diesem Fall durch den Landeshauptmann berührt nicht die allgemeinen Anzeigepflichten nach § 9 PStG 2013. Wird etwa die Geburt eines Neugeborenen unbekannter Herkunft durch eine Privatperson wahrgenommen, ist diese weiterhin zur Anzeige verpflichtet. Die Behörde hat dann unverzüglich mit den Ermittlungen zu beginnen und das Verfahren nach § 34 PStG 2013 einzuleiten. Die Bestimmung ist dabei aber nicht formalistisch auszulegen: Die Behörde kann auch auf andere Weise von einem solchen Fall Kenntnis erlangen und muss dann von sich aus tätig werden.
Hinweis:
§ 34 Abs 3 PStG 2013 kommt auch bei anonymen Geburten zur Anwendung. In diesen Fällen wird das Kind ohne Angabe der Identität der Mutter in einem Krankenhaus geboren. Das bedeutet: Als Geburtsort gilt die Gemeinde, in der die Personenstandsbehörde ihren Sitz hat, und das Geburtsdatum wird für die Zwecke der Eintragung festgesetzt.
Schnittstelle zum Fremdenpolizeigesetz (FPG)
Die im ZPR im Verfahren für Personen ungeklärter Herkunft nach § 34 in Verbindung mit § 66 PStG 2013 festgesetzten Daten - insbesondere Name, Geburtsdatum, Geburtsort und Geschlecht - sind für die Ausstellung fremdenpolizeilicher Dokumente (wie insb. Fremdenpass oder Identitätskarte für Fremde, vgl §§ 88, 94a FPG) maßgeblich.
Fremdenpass
Der Fremdenpass ist ein vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als zuständige Fremdenpolizeibehörde ausgestelltes Reisedokument für Personen, die – grob formuliert - kein gültiges Reisedokument ihres Herkunftsstaates erlangen können (§ 88 FPG). Der Fremdenpass dient als amtlicher Identitätsnachweis und ermöglicht internationale Reisen, sofern das Zielland den Pass anerkennt.
Zu beachten ist jedoch, dass ein Fremdenpass grundsätzlich nur dann ausgestellt werden kann, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik Österreich gelegen ist. Dieses Erfordernis entfällt jedoch, sofern sich eine Person ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzt, rechtmäßig (im Sinne des FPG) im Bundesgebiet aufhält (§ 88 Abs 2 FPG).
Identitätskarte für Fremde
Die Identitätskarte für Fremde ist ein Ersatzdokument, das vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgestellt werden kann, wenn die Ausstellung eines Fremdenpasses nicht möglich ist (§ 94a FPG). Sie dient ausschließlich dem Nachweis der Identität im Inland und enthält die wichtigsten (Personenstands-)Daten (Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild).
Die Identitätskarte für Fremde begründet keine Aufenthalts- oder Reisedokumentation, sondern ist als Ausweis für fremdenpolizeiliche und verwaltungsrechtliche Zwecke vorgesehen. Im personenstandsrechtlichen Verfahren kann sie als Identitätsnachweis herangezogen werden, wenn keine anderen Dokumente verfügbar sind.
Im fremdenpolizeilichen Verfahren sind Fremde gem § 32 FPG verpflichtet, an der Feststellung ihrer Identität und an der Klärung ihres Aufenthaltsstatus aktiv mitzuwirken. Die Behörden können zur Identitätsklärung auf die im ZPR eingetragenen (ggf fiktiven) Daten zurückgreifen und diese als Grundlage für die Ausstellung von Dokumenten oder für die Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen heranziehen. Die personenstandsrechtliche Festsetzung wirkt somit als „Anknüpfungspunkt“ für das Fremdenrecht: Sie schafft eine – wenn auch vorläufige – rechtliche Identität, die für die Ausstellung von Dokumenten, die Durchführung von Verfahren und die Wahrnehmung von Rechten und Pflichten im Fremdenrecht unerlässlich ist.
Fazit
Wie oben bereits dargelegt, bleiben Festsetzungen im Personenstandsrecht aber auch revidierbar: Werden im fremdenpolizeilichen Verfahren neue Erkenntnisse zur Identität oder Herkunft gewonnen, ist eine Berichtigung der Eintragung im Personenstandsregister durch die zuständigen Personenstandbehörden möglich und geboten. Damit wird dem Grundsatz der materiellen Richtigkeit und der Rechtssicherheit sowohl im Personenstands- als auch im Fremdenrecht Rechnung getragen.
Diese letzte Gruppe umfasst insb. Asylwerber und subsidiär Schutzberechtigte (sofern ihre Staatsbürgerschaft geklärt ist). Auf diese wird noch weiter unten einzugehen sein.