22.08.2025 | Arbeitssicherheit & Brandschutz | ID: 1203779

Cybersicherheit für Brandschutzsysteme

Wolfgang Mader

Brandschutzsysteme schützen Sie verlässlich vor Bränden. Doch wie können Sie Ihre digitalen Brandmeldeanlagen und Löschsysteme vor Cybergefahren schützen?

Die zunehmende Digitalisierung hat auch die Welt des technischen Brandschutzes erfasst. Brandmeldeanlagen, Gaslöschsysteme, Fernwartungsportale und Visualisierungen sind heute vielfach IP-basiert, automatisiert und ferngesteuert. Diese Entwicklungen steigern Komfort und Effizienz – bergen aber auch neue Risiken: die Gefahr gezielter oder ungezielter Cyberangriffe.

In der Praxis werden zentrale Schwachstellen und Sicherheitsaspekte oft vernachlässigt: ungesicherte Zugriffssysteme, fehlende Netzwerksegmentierung, veraltete Software, mangelnde physikalische Zutrittskontrollen sowie die oft unterschätzte Gefahr durch kompromittierte Fernwartungszugänge externer Dienstleister.

Was bedeutet das für Betreiber? Brandschutzsysteme müssen nicht nur sicher vor Feuer sein, sondern auch widerstandsfähig gegen digitale Bedrohungen – technisch, organisatorisch und strukturell.

IT ≠ OT: Warum Brandschutzsysteme besonderen Schutz brauchen

Ein wesentliches Missverständnis besteht darin, IT- und OT-Netze gleichzusetzen. Tatsächlich unterscheiden sie sich fundamental:

Merkmal

IT (Information Technology)

OT (Operational Technology)

Zielsetzung

Informationsverarbeitung, Kommunikation, Datenhaltung

Steuerung und Überwachung physischer Prozesse wie zB Brandmeldung oder Löschsteuerung

Systembeispiele

Büro-IT, E-Mail-Server, ERP-Systeme, File-Server

Brandmeldeanlagen, Löschsteuerungen, Visualisierungs- und Automatisierungstechnik

Fokus

Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit

Verfügbarkeit, Integrität, Echtzeitverhalten

Patch-Management

Regelmäßige Updates geplant möglich

Updates meist nur in Wartungsfenstern oder nach Freigabe durch Hersteller zulässig

Auswirkungen eines Angriffs

Kostenintensiv, zeitintensiv, oft organisatorische Auswirkungen, Betriebsausfälle

Sicherheitskritisch, potenziell lebensgefährdend bei Systemausfall (zB Brandmeldeanlage)

Lebensdauer

3–7 Jahre üblich

10–20 Jahre oder mehr, lange Produktzyklen

Betrieb

Zentrale Administration, regelmäßige Pflege

Länger laufende Systeme, häufig dezentrale Zuständigkeiten

Cybersicherheitsmaßnahmen, die für IT-Netze funktionieren, greifen in OT-Umgebungen häufig zu kurz. Gerade im Brandschutzbereich werden OT-spezifische Risiken und Anforderungen oft nicht ausreichend mitgedacht. Das führt dazu, dass zentrale Schutzmaßnahmen – etwa zur Segmentierung, Protokollüberwachung oder Zugriffskontrolle – entweder gar nicht umgesetzt oder unzureichend konzipiert werden.


Um dem vorzubeugen, sollte im Rahmen der technischen Dokumentation eine vollständige, regelmäßig aktualisierte Inventarliste der brandschutztechnischen IT- und OT-Komponenten vorliegen. Diese hilft bei Updates, Audits und im Incident-Fall.

Auch die Schnittstelle zwischen IT und OT muss sorgfältig durchdacht und abgesichert werden, damit ein Sicherheitsvorfall in einer Umgebung nicht ungewollt auf die andere übergreift. So können beispielsweise ungesicherte oder kompromittierte Fremdzugriffe auf OT-Komponenten potenziell den Zugang zu internen IT-Ressourcen öffnen. Der Brandschutz verlangt daher maßgeschneiderte Schutzkonzepte, die sowohl regulatorische Vorgaben als auch die besondere Bedeutung der Verfügbarkeit in sicherheitskritischen Prozessen berücksichtigen.

Defense-in-Depth-Strategie

Ein mehrschichtiges Sicherheitskonzept (Defense-in-Depth) darf sich nicht nur auf technische Schutzmaßnahmen wie Firewalls, Zugangskontrollen oder Verschlüsselung beschränken. Laut VdS-Richtlinie 3836 „Cyber-Sicherheit für Systeme und Komponenten der Brandschutz- und Sicherheitstechnik, Anforderungen“ ist es ebenso erforderlich, diese Strategie organisatorisch zu verankern und regelmäßig zu überprüfen.

Wichtige organisatorische Aspekte sind:

  • Zyklische Überprüfung des Bedrohungsmodells: Neue Schwachstellen und Bedrohungen müssen mindestens jährlich analysiert und mit Blick auf die Wirksamkeit der vorhandenen Schutzschichten bewertet werden. Entwicklungen im Stand der Technik, neue Dienstleister oder Software-Updates erfordern ggf Anpassungen.
  • Pflege und Anpassung der Schutzmaßnahmen: Einzelne Verteidigungslinien – zB Logging, Netztrennung, Benutzerrechte – müssen fortlaufend geprüft und bei Bedarf angepasst werden. Technische und organisatorische Änderungen müssen miteinander abgestimmt sein.
  • Verantwortlichkeiten definieren: Die Verteidigung funktioniert nur, wenn Zuständigkeiten klar geregelt sind. Wer ist für Patchmanagement zuständig? Wer für das Backup-Konzept? Wer entscheidet über eine Netzsegmentierung?
  • Zusammenspiel der Ebenen dokumentieren: Jedes Sicherheitsniveau sollte für sich wirken – aber auch auf das nächste abgestimmt sein. Eine Firewall, die Protokolle sperrt, muss zu den Log-Ereignissen der Anwendungsebene passen. Ein Recovery-Plan muss berücksichtigen, welche Backups im Stromausfall noch zugänglich sind.

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