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26.05.2021 | Datenschutz & IT | ID: 1092878
Art 82 DSGVO gewährt jeder Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Schadenersatz. Ungeklärt ist bislang, unter welchen Voraussetzungen ein immaterieller Schadenersatz begehrt werden kann. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob immaterielle Schäden eine Erheblichkeitsschwelle in Form eines Mindestmaßes an persönlicher Beeinträchtigung überschreiten müssen oder ob etwa eine Verletzung im Recht auf Auskunft oder Löschung bereits für sich genommen einen ersatzfähigen immateriellen Schaden darstellen kann. Der OGH hat nun im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens den EuGH um Klärung dieser wichtigen Frage ersucht (OGH 15.04.2021, 6 Ob 35/21x).
Konkret legte der OGH dem EuGH folgende Fragen vor:
Die österreichischen Gerichte waren in den bisher ergangenen Entscheidungen sehr zurückhaltend, was den Ersatz von immateriellen Schäden betrifft. Ersatzfähig sei nur ein tatsächlich eingetretener ideeller Schaden in Form einer negativen Gefühlsbeeinträchtigung wie Angst, Stress oder Leidenszuständen aufgrund einer erfolgten oder auch nur drohenden Bloßstellung, Diskriminierung oder Ähnlichem. Die erlittene Persönlichkeitsbeeinträchtigung müsse über jene negativen Gefühle hinausgehen, die man automatisch entwickelt, wenn ein Gesetz zu seinen Ungunsten verletzt werde. Wenngleich jeder Datenschutzverstoß zumindest kurzzeitig negative Gedanken bei den betroffenen Personen hervorrufe, gehe nicht automatisch mit jedem Verstoß ein immaterieller Schaden einher. Der Schaden müsse über den durch die Rechtsverletzung hervorgerufenen Ärger und über ein bloßes Unbehagen oder Unlustgefühle hinausgehen. In der Praxis führt dies dazu, dass der geforderte Nachweis einer durch eine Datenschutzverletzung verursachten (erheblichen) Gefühlsbeeinträchtigung in vielen Fällen – sogar bei schweren Datenschutzverstößen – nicht erbracht werden kann, sodass den betroffenen Personen kein immaterieller Schadenersatz gebührt.
Auf der anderen Seite sieht die DSGVO aber gerade keine Erheblichkeitsschwelle für den Ersatz immaterieller Schäden vor. Nach den Erwägungsgründen zur DSGVO soll der Begriff des Schadens „weit und auf eine Art und Weise ausgelegt werden, die den Zielen dieser Verordnung entspricht“. Die betroffenen Personen sollten einen vollständigen und wirksamen Schadenersatz für den erlittenen Schaden erhalten. Ferner folgt aus den Erwägungsgründen, dass der Verlust der Kontrolle über die eigenen personenbezogenen Daten und eine Einschränkung der Rechte, wie insbesondere der in Kapitel III der DSGVO geregelten Betroffenenrechte, für sich genommen einen immateriellen Schaden darstellen kann.
Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass in der Arbeitsgerichtsbarkeit ein immaterieller Schadensersatz großzügiger zugesprochen wird als in Österreich:
Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung zur Geltendmachung von immateriellen Schadensersatzansprüchen bleibt spannend. Der EuGH bekommt nun aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens die Gelegenheit, hier ein Machtwort zu sprechen und die Linie vorzugeben, ob eine Verletzung im Grundrecht auf Datenschutz per se einen ersatzfähigen immateriellen Schaden darstellen kann oder ob eine zumindest geringfügige Gefühlsbeeinträchtigung nachgewiesen werden muss.