09.09.2025 | Gesellschaftsrecht | ID: 1205622

Grunderwerbsteuer bei Share Deals nach dem BBG 2025

Lukas Schenk - Florian Linder

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2025 (BBG 2025), BGBl I 25/2025, wurden weitreichende Änderungen bei der Grunderwerbsteuer beschlossen. Dr. Lukas Schenk (Foto) und MMag. Dr. Florian Linder erläutern die wichtigsten Eckpunkte.

Ziel der Reform ist es, steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten – insbesondere im Bereich von Share Deals und Umstrukturierungen – einzuschränken. Die neuen Regelungen sind mit 1. Juli 2025 in Kraft getreten und betreffen alle Grunderwerbsteuerschuldverhältnisse, die ab diesem Datum entstehen. Im folgenden Beitrag werden die für Share Deals geltenden Änderungen und die daraus resultierenden praktischen Auswirkungen dargestellt.

1. Gesellschafterwechsel

Grunderwerbsteuer wird ausgelöst, wenn bei einer Personen- oder Kapitalgesellschaft innerhalb von 7 Jahren mindestens 75 % der Anteile unmittelbar auf neue Gesellschafter übergehen (§ 1 Abs 3 Z 1 GrEStG). Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage (nur Personengesellschaften) ist nunmehr auch der Gesellschafterwechsel bei Kapitalgesellschaften erfasst. Der Beobachtungszeitraum beträgt 7 statt bisher 5 Jahre; die maßgebliche Beteiligungsschwelle wurde von 95 % auf 75 % herabgesenkt. Die Regelung gilt auch für Genossenschaften. Börsenotierte Anteile bleiben außer Betracht, ebenso eigene Anteile der Gesellschaft. Die Bestimmung erfasst nur Veränderungen im unmittelbaren Gesellschafterkreis, nicht hingegen Veränderungen bei mittelbaren Gesellschaftern (auf höheren Beteiligungsstufen). Unbeachtlich sind Anteilsübertragungen zwischen bestehenden Gesellschaftern (arg „neue Gesellschafter“).

Erfasst sind alle Grundstücke, die die Gesellschaft erworben oder (bei Superädifikaten) selbst hergestellt hat. Steuerschuldnerin ist die Gesellschaft selbst (§ 9 Z 3 lit a GrEStG).

Für die Praxis bedeutet dies, dass bei Gesellschafterwechseln bei einer (unmittelbar) grundstücksbesitzenden GmbH oder AG (oder Personengesellschaft) stets zu prüfen ist, ob zusammen mit anderen Anteilsübertragungen innerhalb der letzten 7 Jahre die 75 %-Schwelle erreicht wird. Die Grunderwerbsteuer kann nicht durch sukzessive Anteilsübertragungen vermieden werden.

2. Anteilsübertragungen und -vereinigungen

Soweit eine Besteuerung wegen eines Gesellschafterwechsels nach § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG nicht in Betracht kommt, wird Grunderwerbsteuer gem § 1 Abs 3 Z 2 GrEStG durch Rechtsgeschäfte ausgelöst, die den Anspruch auf Übertragung von Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaft begründen, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 75 % in der Hand eines Erwerbers oder einer Erwerbergruppe vereinigt werden. Dies gilt auch bei Anteilsübertragungen ohne vorangehendes schuldrechtliches Geschäft. Neu ist (neben der Senkung der Schwelle auf 75 %), dass auch mittelbare Anteilsübertragungen die Steuerpflicht auslösen. Für die Bestimmung der mittelbaren Beteiligungen sind die prozentuellen Beteiligungen auf jeder Ebene miteinander zu multiplizieren. Erfüllt derselbe Erwerbsvorgang die Voraussetzungen für einen unmittelbaren und einen mittelbaren Erwerb, geht der unmittelbare Erwerb vor. Erfüllt derselbe Vorgang die Voraussetzungen für mehrere mittelbare Erwerbsvorgänge, geht jener mittelbare Erwerbsvorgang vor, der der grundstücksbesitzenden Gesellschaft am nächsten liegt.

Steuerschuldner ist derjenige, in dessen Hand die Anteile vereinigt werden (§ 9 Z 3 lit b GrEStG).

Beispiele:

Grunderwerbsteuer bei Share Deals nach dem BBG 2025 bild 1

Durch die Übertragung des 95 %-Anteils an B-GmbH werden mittelbar 76 % der Anteile an der grundstücksbesitzenden C-GmbH (0,95 x 0,80) von A an D übertragen. Dies löst Grunderwerbsteuer gem § 1 Abs 3 Z 2 GrEStG aus. Steuerschuldner ist D.

Grunderwerbsteuer bei Share Deals nach dem BBG 2025 Bild 2

Durch die Übertragung des 45 %-Anteils an der grundstücksbesitzenden C-GmbH werden 90 % der Anteile in der Hand von B-GmbH vereinigt (steuerpflichtiger unmittelbarer Erwerb). Gleichzeitig ist eine mittelbare Anteilsvereinigung von 81 % bei A-GmbH erfüllt. Die unmittelbare Anteilsvereinigung bei B-GmbH geht der mittelbaren Anteilsvereinigung vor.

3. Erwerb durch Erwerbergruppe 

Anstelle der bisherigen Bezugnahme auf die steuerliche Unternehmensgruppe gem § 9 KStG wird der neue Begriff der „Erwerbergruppe“ eingeführt (§ 1 Abs 3 Z 2, 4 GrEStG). Eine Erwerbergruppe liegt vor, wenn Erwerber zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind oder aufgrund von Beteiligungen oder sonst unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss einer Person stehen. Zu einer Erwerbergruppe gehören auch Personen, die die einheitliche Leitung oder den beherrschenden Einfluss ausüben. Nach den Gesetzesmaterialien soll der Begriff dem gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriff der §§ 15 AktG, 115 GmbHG entsprechen. Nach hA genügt dafür die Möglichkeit eines beherrschenden Einflusses, die tatsächliche Ausübung ist nicht erforderlich (Doralt/Diregger in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG³ § 115 Rz 41 ua). Die Beherrschung kann durch Mehrheitsbeteiligung, aber auch Syndikats- oder Beherrschungsverträge vermittelt werden. Nach hA kann auch eine Minderheitsbeteiligung (Sperrminorität) in Verbindung mit Sonderrechten (zB zur Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern) ausreichen. In der Praxis muss stets im Einzelfall – mit den damit verbundenen Unsicherheiten – das Vorliegen der einheitlichen Leitung oder des beherrschenden Einflusses beurteilt werden, es gibt keinen rechtssicheren Anknüpfungspunkt wie bisher mit dem Gruppenbildungsbescheid mehr.

Beispiel:

Grunderwerbsteuer bei Share Deals nach dem BBG 2025 Bild 3

Durch den Erwerb von 10 % der Anteile an der grundstücksbesitzenden E-GmbH durch C-GmbH von einem Dritten wird grundsätzlich weder eine unmittelbare noch mittelbare Anteilsvereinigung verwirklicht. Die Tochtergesellschaften B-GmbH, C-GmbH und D-GmbH stehen jedoch unter dem beherrschenden Einfluss der A-GmbH. Sie bilden daher (gemeinsam mit A-GmbH) eine Erwerbergruppe, bei der zusammen 80 % der Anteile an der E-GmbH vereinigt werden. Die Erwerbergruppe verwirklicht somit den Tatbestand der unmittelbaren Anteilsvereinigung.

4. Ausnahme für Umgründungen

Eine Ausnahme für den Tatbestand der mittelbaren Anteilsübertragung bzw -vereinigung gilt für Umgründungen im Sinn des UmgrStG. Bei einer solchen Umgründung, wenn sie die Voraussetzungen des UmgrStG erfüllt, liegt keine mittelbare Anteilsübertragung oder -vereinigung iSd § 1 Abs 3 Z 2 GrEStG vor, wenn die an der Umgründung Beteiligten derselben Erwerbergruppe angehören. Damit sollen konzerninterne Umgründungen privilegiert werden. Kommt es im Zuge der Umgründung zu einem unmittelbaren Anteilserwerb oder einer unmittelbaren Anteilsvereinigung, beispielsweise im Zuge der Verschmelzung der grundstückbesitzenden Gesellschaft, dann wird eine Steuerpflicht auch im Konzern ausgelöst.

5. Bemessungsgrundlage und Steuersatz

Die Grunderwerbsteuer wird bei den genannten Vorgängen gem § 1 Abs 3 GrEStG vom Grundstückswert bemessen. Der Steuersatz beträgt 0,5 %.

6. Immobiliengesellschaften

Bei Immobiliengesellschaften gilt dies jedoch nicht, hier beträgt die Steuer 3,5 % vom gemeinen Wert (§ 10 BewG 1955). Eine Ausnahme greift nur, wenn alle an der grundstücksbesitzenden Gesellschaft vor und nach dem Umgründungsvorgang oder Vorgang gem § 1 Abs 3 GrEStG unmittelbar beteiligten Gesellschafter dem Personenkreis des § 26a Abs 1 Z 1 GGG angehören.

Eine Immobiliengesellschaft liegt vor, wenn der Schwerpunkt der Gesellschaft in der Veräußerung, Vermietung oder Verwaltung von Grundstücken liegt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gesellschaftsvermögen überwiegend aus Grundstücken besteht, die nicht für eigene betriebliche Zwecke genutzt werden (keine betrieblichen Zwecke liegen bei der Veräußerung, Vermietung und Verwaltung von Grundstücken vor); oder die Einkünfte der Gesellschaft überwiegend durch die Veräußerung, Vermietung oder die Verwaltung von Grundstücken erzielt werden. Gehören zum Vermögen der Gesellschaft gemischt genutzte Grundstücke, sind diese bei der Feststellung des Schwerpunktes der Gesellschaft, abhängig von der Nutzung anteilig zu berücksichtigen. Die Rechtfertigung für die Sonderbehandlung von Immobiliengesellschaften ist unseres Erachtens fraglich.

7. Übergangs- und Bestandsschutzregelungen

Für bereits bestehende Beteiligungen zum 30. Juni 2025 wird ein gewisser Bestandsschutz gewährt: Wer zu diesem Stichtag bereits mindestens 75 % an einer Gesellschaft hält, ohne dass dabei bisher eine Steuerpflicht ausgelöst wurde, bleibt vorerst geschützt. Kommt es jedoch nach dem Stichtag zu weiteren Anteilsübertragungen, kann dies die Grunderwerbsteuerpflicht auslösen. Transaktionen vor dem 1. Juli 2025 werden nicht in den 7-jährigen Beobachtungszeitraum einbezogen.

8. Fazit

Die Änderungen im Rahmen des BBG 2025 stellen eine deutliche Verschärfung der Grunderwerbsteuertatbestände dar. Besonders betroffen sind Gestaltungen über Share Deals und Umstrukturierungen. Die niedrigere Beteiligungsschwelle, die Einbeziehung mittelbarer Erwerbe sowie die höhere Besteuerung für Immobiliengesellschaften werden künftig zu einer deutlich höheren steuerlichen Belastung führen. Die Neuregelungen bringen aber auch viele Rechtsunsicherheiten mit sich. Bei grundstücksbesitzenden Gesellschaften müssen Gesellschafterwechsel stets auf eine potenzielle Grunderwerbsteuerpflicht hin beobachtet werden. Bei Share Deals oder Umgründungen muss bis auf die unterste Beteiligungsstufe das Vorhandensein von Grundstücken iSd GrEStG und das Auslösen eines Steuertatbestands geprüft werden, selbst wenn die unmittelbar betroffene Gesellschaft kein Grundstücksvermögen hat. Dies kann in der Rechtspraxis schwierig werden, insbesondere weil auch selbst hergestellte Grundstücke bzw Superädifikate zu berücksichtigen sind. Für den Vertragserrichter empfiehlt sich eine entsprechende Aufklärung. Bei mittelbaren Erwerben ist zu überlegen, statt der Selbstberechnung eine Abgabenerklärung durchzuführen, um das Haftungsrisiko zu minimieren.

Autoren

Dr. Lukas Schenk

Dr. Lukas Schenk ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk Nau & Linder Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Wien/Mödling. Er war als Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien sowie bei der Europäischen Kommission in Brüssel tätig. Dr. Lukas Schenk ist ständiger Vortragender an der Akademie der Wirtschaftstreuhänder. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Umstrukturierungen-Umgründungen, Gesellschaftsrecht einschließlich Gesellschafterkonflikt und Geschäftsführerberatung, Gewerberecht sowie Arbeitsrecht.

Lukas.schenk@vbsn.at

MMag. Dr. Florian Linder

MMag. Dr. Florian Linder ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk Nau & Linder Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Wien/Mödling. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien und ist Redaktionsmitglied der Zeitschrift für Finanzmarktrecht. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Gesellschafts- und Unternehmensrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht und Liegenschafts-, Miet- und Wohnrecht.

Florian.linder@vbsn.at

Link auf Website: https://www.vbsn.at/

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