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25.09.2023 | Zivilrecht | ID: 1145602
Die Novelle zum Unterbringungsgesetz ordnet die Voraussetzungen für die Unterbringung Minderjähriger grundlegend neu. Zusätzlich bringt die Reform neue Dokumentations- und Datenschutzpflichten für zuständige Abteilungsleiter und Fachärzte, geänderte Kommunikationsabläufe und mehr Selbstbestimmungsrechte psychiatrisch erkrankter Personen mit sich. Nachfolgend einige Eckpunkte zum neuen Unterbringungsrecht:
Erfolgt eine Unterbringung nach dem UbG, dann ist von dieser Aufnahme ein Angehöriger, der mit der betroffenen Person im gemeinsamen Haushalt lebt oder für sie sorgt, oder die Einrichtung, die sie umfassend betreut, zu verständigen.
Der Patient kann dieser Verständigung nicht widersprechen; im Gegensatz zur Einweisung durch die Exekutive – hier ist ein Widerspruch vorgesehen.
Wird eine Unterbringung hingegen beendet, oder erfolgt nach einer Aufnahmeuntersuchung keine Aufnahme, werden dieselben Personen nur dann davon informiert, wenn der Patient der Verständigung nicht widerspricht.
Wurde von der Exekutive anlässlich einer polizeilichen Einweisung mitgeteilt, dass eine Gewaltschutzmaßnahme (zum Beispiel Wegweisung oder Betretungsverbot) gesetzt wurde, dann ist die vorführende oder die nächste Sicherheitsdienststelle von der Beendigung der Unterbringung zu informieren. Ob die Person weiterhin freiwillig auf der Abteilung bleibt, darf hingegen nicht mitgeteilt werden (ärztliche Verschwiegenheitsverpflichtung).
Auch wenn es keine Gewaltschutzmaßnahme gibt, ist die Exekutive dann zu informieren, wenn die Abteilungsleitung von einer „gegenwärtigen und erheblichen“ Fremdgefährdung ausgeht. Damit angesprochen sind Personen, die eine Gefährdung für andere darstellen, ohne psychisch erkrankt zu sein. Die Bestimmung ist insofern bedeutsam, als aus ihr klar hervorgeht, dass Gefährlichkeit nicht grundsätzlich mit psychischer Erkrankung zu tun hat: Auch der gewaltbereite Mensch, der mangels psychischer Erkrankung nicht aufgenommen und untergebracht wird, aber eine Gefahr (zB für seine Partnerin) darstellt, soll im Blickfeld der Exekutive bleiben.
Der Patient hat das Recht, jederzeit eine Vertrauensperson namhaft zu machen. Die Vertrauensperson kann eine Ressource für die behandelnden Ärzte darstellen, um besser mit dem Patienten in Kontakt zu kommen, seine Entscheidungsfähigkeit zu stärken oder seinen Willen zu erforschen. Der Gesetzgeber verweist auch darauf, dass die Vertrauensperson zur Vermeidung von Zwangsmaßnahmen beitragen wird können. Ihre Einbeziehung stellt einen Bestandteil der in den §§ 33 bis 34a vorgesehenen Verhältnismäßigkeitsprüfung von Zwangsmaßnahmen dar. Auch wird an die Vertrauensperson zu denken sein, wenn der Patient bei der Erlangung der Entscheidungsfähigkeit über Behandlungen unterstützt wird. Gegenüber der Vertrauensperson besteht grundsätzlich die ärztliche Verschwiegenheitsverpflichtung, von der der Patient freilich entbinden kann.
Minderjährige sind auf Spezialstationen für Kinder- und Jugendpsychiatrie unterzubringen. Eine Unterbringung auf der „Erwachsenenpsychiatrie“ stellt eine Beschränkung eines „sonstigen Rechts“ dar.
Daher sollen Minderjährige grundsätzlich auch von Fachärzten für Kinder- und Jugendpsychiatrie betreut und behandelt werden.
Maßnahmen (außer weitergehende Bewegungsbeschränkungen), denen Minderjährige aufgrund ihres Alters in Krankenanstalten typischerweise unterworfen werden, fallen nicht unter das Unterbringungsgesetz.
Sie „gelten nicht als Beschränkungen im Sinne der §§ 33 bis 34a“, sondern fallen unter § 40e UbG. Demnach sind sie unter Angabe des Grundes in der Krankengeschichte zu dokumentieren und müssen binnen 72 Stunden den Erziehungsberechtigten mitgeteilt werden. Eine Mitteilung an die Patientenanwaltschaft entfällt.
Es gibt zu dieser Bestimmung noch keine Rechtsprechung. Vorbehaltlich einer zukünftigen Rechtsprechung gelten solche Beschränkungen als „krankenhaustypisch“, denen
Der Vergleichsrahmen ist das Krankenhaus, also zB pädiatrische Stationen, Chirurgie, Onkologie etc.
Beschränkungen, die hingegen aufgrund der besonderen Situation psychisch erkrankter Minderjähriger erfolgen, sind nicht „krankenhaustypisch“ und daher nach den allgemeinen Regeln des UbG vorzunehmen.
Von dieser Ausnahmebestimmung sind Bewegungsbeschränkungen auf einen Raum oder innerhalb eines Raumes nicht umfasst. Bewegungsbeschränkungen gem § 33 Abs 3 UbG (Auszeitraum, Einzelraum, Festhalten, Fixierungen etc) gelten also niemals als „krankenhaustypisch“ und dürfen daher stets nur im Rahmen einer aufrechten Unterbringung vorgenommen werden. Sie müssen den Voraussetzungen des § 33 Abs 3 UbG (demnach ausschließlich zur Gefahrenabwehr) entsprechen und sind der Vertretung (Erziehungsberechtigte und Patientenanwaltschaft) unverzüglich mitzuteilen.
Entscheidungsfähige Personen (§ 36 Abs 1 UbG) entscheiden stets selbst über die Durchführung einer Behandlung – auch wenn sie eine Vertretung für medizinische Angelegenheiten haben. Auch Minderjährige entscheiden selbst, wenn sie entscheidungsfähig sind. Nur bei den „besonderen Heilbehandlungen“ bedarf es zusätzlich der Zustimmung der Erziehungsberechtigten.
Bei nicht entscheidungsfähigen Personen mit Vertretung (§ 36 Abs 2 UbG) entscheidet die Vertretung, das sind:
Die Vertretung hat sich gem § 253 ABGB am Willen des Patienten zu orientieren.
In drei Fällen ist zusätzlich die Entscheidung des Unterbringungsgerichts einzuholen:
Bei nicht entscheidungsfähigen Personen ohne Vertretung (§ 36 Abs 3 UbG) kann eine erforderliche, verhältnismäßige einfache Behandlung ohne Einwilligung durchgeführt werden.
Zuvor ist die Entscheidung durch das Unterbringungsgericht dann einzuholen,
Anlässlich der Beendigung der Unterbringung ist von einem Arzt mit dem Patienten ein Gespräch darüber zu führen, welche Behandlungen und Maßnahmen die Situation während der Unterbringung verbessert haben, wie der Alltag und die Nachbetreuung nach der Entlassung aussehen sollen und auf welche Art und Weise in einer neuerlichen Gefährdungssituation vorgegangen werden könnte. Das Gespräch ist auf Wunsch des Patienten in Anwesenheit einer von ihm benannten Person durchzuführen.
Für den Fall einer erneuten stationären Behandlung kann ein Behandlungsplan vereinbart werden. Darin können verschiedenste Umstände festgelegt werden: Zur medizinischen Behandlung, zum Vorgehen in Krisensituationen, wie Beschränkungen am besten vermieden werden können, wer informiert werden soll, welche konkreten Personen des Krankenhauspersonals nach Möglichkeit beigezogen werden mögen uvm. Der Behandlungsplan wird in der Krankengeschichte dokumentiert und dem Patienten in Kopie mitgegeben.
Die Abteilung hat sich nachweislich (Dokumentation) um eine angemessene soziale und psychiatrische Betreuung des Patienten zu bemühen, soweit eine solche nach der Entlassung für erforderlich gehalten wird.
Ausschließlich mit Einwilligung des Patienten (bei fehlender Entscheidungsfähigkeit dessen gewählter oder gesetzlicher Vertretung bzw des Erziehungsberechtigten) dürfen Daten (Identität, Erkrankung, Betreuungsbedarf) an Angehörigen und Einrichtungen, die die Betreuung übernehmen könnten, bei Minderjährigen ggf auch mit der Schule, zur Beurteilung der Betreuungsübernahme weitergegeben werden. Die Einrichtungen dürfen diese Informationen nur zur Abklärung, ob die Betreuung übernommen werden kann, sowie zur Betreuung des Patienten verarbeiten und müssen diese, wenn sie die Betreuung nicht übernehmen, unverzüglich löschen.