Diese Website setzt ausschließlich technisch notwendige Cookies und Cookies zur allgemeinen Reichweitenmessung ein, um die Funktionalität und eine gute Benutzererfahrung zu gewährleisten. Diese werden ausschließlich von uns verwendet und die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Detaillierte Infos: Datenschutzrichtlinie
© WEKA Business Solutions GmbH
A-1200 Wien, Dresdner Straße 45
E-Mail: kundenservice@forum-media.at
drucken
10.04.2025 | Arbeitsrecht | ID: 1196753
Betriebsvereinbarungen sind Verträge mit rechtlichen Bindungen. Eine Betriebsvereinbarung ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber:innen und dem Betriebsrat eines Unternehmens. Sie regelt betriebliche Angelegenheiten, die für die Arbeitnehmer:innen wichtig sind, wie Arbeitszeiten, Telearbeits-Regelungen oder Urlaubsrichtlinien.
Die Vorteile einer Betriebsvereinbarung für beide Seiten (Arbeitgeber:innen wie Arbeitnehmer:innen), sind zB:
Die Probleme mit Betriebsvereinbarungen kommen leider erst im Laufe der Jahre, wenn sich betriebliche Bedingungen oder die gesetzlichen Grundlagen ändern.
Beispiele
Klassische Beispiele sind:
Bei der Kontrolltätigkeit durch die Arbeitsinspektion fällt auf, dass solche Betriebsvereinbarungen, insbesondere ältere Betriebsvereinbarungen, viele Fragen aufwerfen, ob die rechtskonforme Zulässigkeit gegeben ist bzw aufgrund der geänderten Bedingungen als sittenwidriger Vertrag anzusehen sind und somit der Rechtsgültigkeit eingebüßt werden.
Diese Betriebsvereinbarungen werden meist in gutem Glauben abgeschlossen, um zB bei Schichtarbeit oder in personalintensiven Firmen eine verbesserte Situation für den Sommerurlaub zu gestalten, so dass mehrere Arbeitnehmer:innen gleichzeitig diesen Urlaub konsumieren können.
Wenn sich die Situation bzw die Bedingungen bei Vertragsabschluss mittlerweile geändert haben, wie zB der Personalstand ist gleichgeblieben, die zu bearbeitenden Aufgaben haben eine signifikante Steigerung erfahren oder umgekehrt aufgrund der wirtschaftlichen Lage hat sich der Personalstand wesentlich verringert, kann sich die Anwendung dieser Betriebsvereinbarungen sehr steigern.
Was früher nur in den Sommermonaten angewendet wurde, kommt jetzt ständig zum Einsatz, denn wer entscheidet über hohen Arbeitsbedarf wie zB bei Krankenständen, ob dieser nun vorliegt. Diese Entscheidung wird von der betroffenen Firma getroffen.
Die Situation wird dann noch schwieriger, wenn die Verfasser:innen dieser Betriebsvereinbarungen nicht mehr zur Verfügung stehen für eine Interpretation derselben.
Für eine Interpretation von Verträgen ist das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) heranzuziehen:
„Auslegungsregeln bey Verträgen.
§ 914. Bei Auslegung von Verträgen ist nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht.
§ 915. Bey einseitig verbindlichen Verträgen wird im Zweifel angenommen, daß sich der Verpflichtete eher die geringere als die schwerere Last auflegen wollte; bey zweyseitig verbindlichen wird eine undeutliche Aeußerung zum Nachtheile desjenigen erkläret, der sich derselben bedienet hat (§. 869).
§ 916. (1)Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis zum Schein abgegeben wird, ist nichtig. Soll dadurch ein anderes Geschäft verborgen werden, so ist dieses nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen.
(2)Einem Dritten, der im Vertrauen auf die Erklärung Rechte erworben hat, kann die Einrede des Scheingeschäftes nicht entgegengesetzt werden.“ (sic!)
Für diese Problematik gilt als praktisches und ausjudiziertes Beispiel folgendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 14.11.2018, (Geschäftszahl Ra 2017/11/0263):
Hier ist am 18. März 1991 eine am 1. April 1991 in Kraft getretene Betriebsvereinbarung betreffend Überstunden zur Ermöglichung des Schichtwechsels abgeschlossen worden, um eine Verlängerung der Normalarbeitszeit bei Vorliegen eines höheren Arbeitsbedarfes zu ermöglichen. Interessant in diesem Fall ist, dass es sich hier um einen Schichtbetrieb handelte, wonach gem § 4a Abs 3 Z 2 Arbeitszeitgesetz (AZG), dass „bei durchlaufender mehrschichtiger Arbeitsweise mit Schichtwechsel“ die tägliche Normalarbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden ausgedehnt werden kann, „wenn dies mit einem Schichtwechsel in Verbindung steht.
Schichtwechsel ist nach einhelliger Meinung in der Lehre die im Schichtplan vorgesehene Veränderung der Lage der Arbeitszeit (zB von der Nachtschicht in die Frühschicht) für einen (oder mehrere) Arbeitnehmer:innen). Der Arbeiterbetriebsrat hat vereinbart, „daß in jenen Fällen, in denen ausnahmsweise zur Ermöglichung des Schichtwechsels von der Nachtschicht auf die Frühschicht im Durchfahrbetrieb die Tages-Normalarbeitszeit von 8 Stunden überschritten wird, die anfallenden Überstunden mit 100 % Zuschlag bezahlt werden.“
Weiters ist in dieser Betriebsvereinbarung ausgeführt: „Diese Regelung kommt nur dann zur Anwendung, wenn keine andere Möglichkeit besteht, den Schichtwechsel sicherzustellen. Die Zustimmung des Betriebsrates zu obigen Überstunden und anderen, die zur Ermöglichung des Schichtwechsels erbracht werden, ist im Voraus gegeben. Diese Regelung tritt mit 1.4.1991 in Kraft.“
Im gegenständlichen Fall wendete die Firma diese Betriebsvereinbarung an um aufgrund einer Krankheitswelle 16 Arbeitnehmer:innen dementsprechend zu beschäftigen.
Die rechtliche Folgerung des Verwaltungsgerichts lautete daraufhin:
„die Betriebsvereinbarung sei jedenfalls so zu interpretieren (...), dass beide Vertragsparteien die Leistung aller notwendigen Überstunden im gesetzlichen Rahmen ermöglichen wollten". „Teleologisch betrachtet“ beziehe sich die Betriebsvereinbarung insbesondere nicht ausschließlich auf die Fälle eines Schichtwechsels von der Nachtschicht auf die Frühschicht und sei "die gesetzlich erlaubte tägliche Arbeitszeit von bis zu 12 Stunden (...) somit eingehalten".“ (sic!)
Dieser Auffassung ist der Verwaltungsgerichtshof nicht gefolgt, insbesondere unter anderem mit den folgenden zusammengefassten und gekürzten Begründungen:
Als Hilfe für vertragsabschließende Parteien von Betriebsvereinbarungen wird angeraten immer anzugeben, welche Intention und welches Schutzziel zu diesem Vertrag geführt hat:
So können künftige Missverständnisse und/oder Missbrauch mit rechtlichen Folgen am besten vorgebeugt werden.