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24.10.2022 | Arbeitsrecht | ID: 1125109
Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit dem rechtlichen Schicksal unzulässiger Betriebsvereinbarungs-Inhalte und erklärt, wie diese Regelungen trotzdem wirksam sein können.
§ 29 Arbeitsverfassungsgesetz (kurz: ArbVG) bestimmt zu Betriebsvereinbarungen Folgendes:
„Betriebsvereinbarungen sind schriftliche Vereinbarungen, die vom Betriebsinhaber einerseits und dem Betriebsrat (Betriebsausschuss, Zentralbetriebsrat, Konzernvertretung) andererseits in Angelegenheiten abgeschlossen werden, deren Regelung durch Gesetz oder Kollektivvertrag der Betriebsvereinbarung vorbehalten ist.“
Das klingt einmal schön und gut. Aber welche Angelegenheiten sind denn durch Gesetz oder Kollektivvertrag der Regelung durch eine Betriebsvereinbarung vorbehalten?
Die umfangreichste Sammlung an zulässigen Maßnahmen via Betriebsvereinbarung findet sich im ArbVG selbst; genau genommen in den Bestimmungen der §§ 96, 96a und 97 ArbVG.
Demnach dürfen bzw müssen (dazu kommen wir noch) folgende Maßnahmen mittels Betriebsvereinbarung vereinbart werden:
Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um notwendige, nicht erzwingbare Regelungen. Dies bedeutet, wenn Regelungen, die den vorgenannten Bestimmungen entsprechen, getroffen werden wollen, so muss – wenn ein Betriebsrat besteht – der Betriebsrat auch in Form einer Betriebsvereinbarung zustimmen. Nicht erzwingbar bedeutet, dass keine Schlichtungsstelle bei Nichteinigung angerufen werden kann. Betriebsinhaber und Betriebsrat einigen sich oder es gibt zu diesen Themen keine Lösung.
Weiters gibt es so genannte notwendige, erzwingbare Maßnahmen. Bei Nichteinigung zur Implementierung dieser Maßnahmen kann eine Schlichtungsstelle angerufen werden und somit die inhaltliche Regelung dieser Materien womöglich erzwungen werden. Auch hier ist jedoch eine Betriebsvereinbarung nötig.
Es handelt sich hierbei um folgende Maßnahmen:
Wiederum liegt die Tücke im Detail und es gilt stets zu prüfen, ob die jeweilige betriebliche Maßnahme die rechtliche Qualität dieser Regelungen innehat oder vielleicht doch eine Ausnahme besteht.
Die letzte, große Gruppe an Maßnahmen findet sich in § 97 ArbVG. Eine Aufzählung all dieser Maßnahmen würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, aber es finden sich dort zB Maßnahmen in Zusammenhang mit der Gestaltung von Arbeitszeitmodellen oder etwa von Leistungsprämien.
Schließlich finden sich vereinzelte Erlaubnistatbestände in weiteren Gesetzen (so wie etwa dem Arbeitszeitgesetz zur Gleitzeit) oder in Kollektivverträgen (etwa im Kollektivvertrag der Raiffeisen Bankengruppe zu gehaltsrechtlichen Bestimmungen).
Außerhalb all dieser Erlaubnistatbestände dürfen jedoch keine Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden.
Dies bedeutet, dass die in der Praxis oft abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen zu Zulagen und anderen Entgeltbestandteilen oder sogar zu Grundlohnschemata bzw jährlichen indexgebundenen Lohnerhöhungen unzulässig und rechtlich nicht existent sind. Allerdings gehen die Gerichte oft davon aus, dass derlei Regelungen – so sie im Alltag gelebt wurden – die Einzeldienstverträge ergänzen. Demnach müsste aber auch jeder einzelne Dienstvertrag geändert werden, sofern in diese Inhalte eingegriffen werden soll. Eine Kündigung oder einvernehmliche Beendigung der Betriebsvereinbarung würde derlei Regelungen im Regelfall nicht berühren.
Betriebsvereinbarungen und insbesondere arbeitszeitliche oder entgeltbezogene Regelungen sollten nur gemeinsam mit Profis erstellt und überarbeitet werden. Eine regelmäßige Überprüfung bereits bestehender Betriebsvereinbarungen schafft zusätzlich die Sicherheit, dass rechtskonform agiert wurde und wird.