Arbeitszeitmodelle in Österreich – Eine Übersicht
In der heutigen Zeit gewinnen flexible Arbeitszeitmodelle immer mehr an Bedeutung. Rechtsanwältin Dr. Karin Zahiragic gibt einen Überblick über die wichtigsten Arbeitszeitmodelle in Österreich.
Mit Arbeitszeitmodellen wird festgelegt, wann und wie lange Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen arbeiten können. Einfach ausgedrückt: Die verschiedensten Arbeitszeitmodelle sollen zur Arbeitszeitgestaltung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beitragen.
Dieser Beitrag schafft einen kurzen Überblick über die wichtigsten Arbeitszeitmodelle, auf die das Arbeitszeitgesetz (AZG) Anwendung findet und die für die österreichische Gesellschaft derzeit eine bedeutende Rolle haben.
Rechtliche Grundlagen im Zusammenhang mit Arbeitszeitmodellen
Unter dem Begriff,,Arbeitszeitmodelle“ versteht man Regelungen zur Gestaltung der Dauer, der Lage und der Verteilung der Arbeitszeit.
Das Arbeitszeitgesetz (AZG) enthält die rechtliche Grundlage für die Festlegung der Arbeitszeit für sämtliche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Österreich. Die Ausnahmen, auf die das Arbeitszeitgesetz (AZG) nicht anzuwenden sind, sind in § 1 Abs 2 AZG aufgezählt.
Ausnahmen vom AZG
Es findet unter anderem keine Anwendung auf folgende Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen:
- Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unter 18 Jahre
- Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in einem Arbeitsverhältnis zu einer Gebietskörperschaft
- Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die dem Landarbeitsgesetz 2021 unterliegen
- Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die dem Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz unterliegen
- Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die dem Bäckereiarbeiter/-innengesetz unterliegen
- Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, für die die Vorschriften des Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetzes sowie des Hausbesorgergesetzes gelten
- Lehr- und Erziehungskräfte an Unterrichts- und Erziehungsanstalten
- Leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben unterliegen
- Nahe Angehörige des Arbeitgebers
- Heimarbeiter im Sinne des Heimarbeitsgesetzes.
Arbeitszeit: Bestimmungen des AZG
Das Arbeitszeitgesetz (AZG) sieht 12 Stunden als tägliche Höchstarbeitszeit und 60 Stunden als wöchentliche Höchstarbeitszeit vor. Bei Überschreiten dieser Stundenzahl führt dies zur Leistung von Überstunden, die entweder mit einem Überstundenzuschlag von mindestens 50 Prozent oder im Rahmen eines Zeitausgleichs entlohnt wird. Wenn die Vergütung in Zeit vereinbart wird, gebührt für jede Überstunde ein Zeitausgleich von 1,5 Stunden.
Im jeweiligen Kollektivvertrag können auch günstigere Regelungen für die Entlohnung von Überstunden, insbesondere für besondere Zeiten (Nacht, Feiertage und Sonntage) vorgesehen werden.
Neben der Regelung über die Höchstarbeitszeit ist die tägliche Normalarbeitszeit mit 8 Stunden und die wöchentliche Normalarbeitszeit mit 38 Stunden bzw 40 Stunden festgelegt. Wird diese tägliche oder wöchentliche Normalarbeitszeit überschritten, hat dies die Leistung von Mehrarbeit zur Folge.
Voraussetzungen für Abweichungen von der Normalarbeitszeit
Abweichend davon kann die Lage der Normalarbeitszeit vom Arbeitgeber bei Vorliegen folgender Voraussetzungen geändert werden:
- wenn dies aus objektiven, in der Art der Arbeitsleistung gelegenen Gründen sachlich gerechtfertigt ist
- wenn dem Arbeitnehmer bzw der Arbeitnehmerin die Lage der Normalarbeitszeit für die jeweilige Woche mindestens zwei Wochen im Vorhinein mitgeteilt wird
- wenn berücksichtigungswürdigende Interessen des Arbeitnehmers bzw der Arbeitnehmerin dieser Einteilung nicht entgegenstehen und
- wenn keine anderslautende Vereinbarung entgegensteht.
Genauer gesagt: Mehrarbeit kann somit von Teilzeitbeschäftigten geleistet werden sowie von jenen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, deren wöchentliche Normalarbeitszeit unter 40 Stunden liegt. Bis zum Erreichen der gesetzlich festgelegten Normalarbeitszeit fallen 40 Stunden Mehrarbeit an. Darüberhinausgehend werden Überstunden geleistet.
Die Entlohnung von Teilzeitbeschäftigten bei Leistung von Mehrarbeit erfolgt mit einem Zuschlag von 25 Prozent. Bei vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmenden sieht in den meisten Fällen der jeweilige Kollektivvertrag eine Entlohnung von Mehrarbeit vor. Ansonsten wird sie mit einem Zuschlag von 25 Prozent abgegolten.
Grundsätzlich ist gesetzlich vorgesehen, dass für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen günstigere Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen aufrecht bleiben. Wenn beispielsweise der Kollektivvertrag 10 Stunden Normarbeitszeit vorsieht, so gelten die elfte und zwölfte Stunde bereits als Überstunden, wenn die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten werden.
Welche Arten von Arbeitszeitmodellen kennt man in Österreich?
1. Vollzeitbeschäftigung
Im Arbeitszeitgesetz (AZG) ist grundsätzlich vorgesehen, dass die tägliche Normalarbeitszeit 8 Stunden und die wöchentliche Normalarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten darf. Viele Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen sehen auch eine wöchentliche Normalarbeitszeit von 38 Stunden oder 39 Stunden pro Woche vor.
2. Teilzeitbeschäftigung
Teilzeitbeschäftigung liegt vor, wenn die vereinbarte Wochenarbeitszeit die gesetzliche Normalarbeitszeit oder vertraglich kürzere Normalarbeitszeit unterschreitet. Dies hat zur Folge, dass sowohl eine Arbeitswoche mit 32 Arbeitsstunden als auch mit 12 Arbeitszeitstunden als Teilzeitbeschäftigung anzusehen ist. In arbeitsrechtlicher Sicht zählt auch eine geringfügige Beschäftigung als Teilzeitbeschäftigung. Besondere Formen der Teilzeitbeschäftigung stellen die Altersteilzeit und die Elternteilzeit dar.
3. Gleitzeit
Gleitzeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin innerhalb eines vereinbarten zeitlichen Rahmens Beginn und Ende der täglichen Normalarbeitszeit selbst bestimmen kann. Die Arbeitszeit muss durch Betriebsvereinbarung oder durch schriftliche Vereinbarung in Betrieben, in denen kein Betriebsrat errichtet worden ist, geregelt werden. In der Regel darf die tägliche Normalarbeitszeit 10 Stunden nicht überschreiten. Eine Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit auf bis zu 12 Stunden ist ausnahmsweise bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zulässig.
4. Schichtarbeit
Gerade in Produktionsunternehmen kommt es vor, dass dieses bei mehrschichtiger Arbeitsweise für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einen Schichtplan zu erstellen hat. Dies hat zur Folge, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einer Schicht sich mit Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen der anderen Schicht am Arbeitsplatz abwechseln können.
5. Nachtarbeit
In vielen Berufen, wie beispielsweise in den Gesundheitsberufen und im Polizeidienst, wird auch während der Nacht gearbeitet. Als Nacht gilt die Zeit zwischen 22.00 Uhr und 05:00 Uhr. Das Arbeitszeitgesetz (AZG) definiert als Nachtarbeitnehmer:innen, einen Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin, der bzw die regelmäßig oder in mindestens 48 Nächten im Kalenderjahr während der Nacht ein Minimum von 3 Stunden arbeitet.
6. Rufbereitschaft
Von Rufbereitschaft kann gesprochen werden, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während der Freizeit für die Arbeitgeber:innen abrufbar zu sein hat, um bei Bedarf eingesetzt werden zu können. Die Rufbereitschaft kommt in der Praxis bei Berufen, wie beispielsweise beim Beruf des Arztes, vor. Rufbereitschaft außerhalb der Arbeitszeit darf grundsätzlich nur an zehn Tagen im Monat vereinbart werden.
7. Saisonarbeit
Die Saisonarbeit stellt ein Arbeitszeitmodell dar, bei dem Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen für einen genau festgelegten, vorübergehenden Zeitraum im Jahr beim Arbeitgeber beschäftigt sind. Dieses Arbeitszeitmodell spielt vor allem in der Tourismusbranche, in der Landwirtschaft und in der Gastronomie eine Rolle.
Welche flexiblen Arbeitszeitmodelle gibt es?
In den meisten Unternehmen werden den Arbeitnehmenden flexiblere Arbeitszeitmodelle angeboten, die über die bisherigen Arten von Arbeitszeitmodellen hinausgehen.
In der nachfolgenden Darstellung werden einige dieser flexiblen Arbeitszeitmodelle dargestellt:
1. Telearbeit und Homework
Unter Telearbeit versteht man das Arbeiten nicht nur im Homeoffice, sondern auch außerhalb der eigenen Wohnung, wie beispielsweise im Kaffeehaus, im Park oder im Hotel. Seit 1. Jänner 2025 erfasst dieser Begriff auch das Arbeiten im Homeoffice. Telearbeit muss zwischen dem Arbeitnehmer bzw der Arbeitnehmerin und den Arbeitgeber:innen schriftlich vereinbart werden. Arbeitet der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nur fallweise außerhalb der Betriebsstätte, liegt keine Telearbeit vor.
2. Job-Sharing
Unter Job-Sharing versteht man ein Arbeitszeitmodell, in dem sich zwei oder mehrere Teilzeitbeschäftigte eine Vollzeitbeschäftigung aufteilen. Dieses Arbeitszeitmodell kommt in der Praxis gerade in Positionen mit Führungsverantwortung im Managementbereich vor, weil Managementpositionen viele Führungsaufgaben zu erfüllen haben. Dieses Arbeitszeitmodell findet meistens auf Arbeitsverhältnisse Anwendung, die nicht dem Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes (AZG) und des Arbeitsruhegesetzes (ARG) unterliegen.
3. Vertrauensarbeitszeit
Bei diesem Arbeitszeitmodell steht die frist- und zeitgerechte Erledigung vereinbarter Ziele im Vordergrund. Der Arbeitnehmer bzw die Arbeitnehmerin ist daher in der Zeiteinteilung frei. Eigene gesetzliche Regelungen für die Vertrauensarbeitszeit bestehen in Österreich nicht, weil dem Arbeitgeber die Verpflichtung zur Zeiterfassung und der Kontrolle der Arbeitszeit obliegt. Dieses Arbeitszeitmodell findet in der Praxis auf Arbeitsverhältnisse Anwendung, die nicht dem Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes (AZG) und des Arbeitsruhegesetzes (ARG) unterliegen. Es hat in Österreich praktisch kaum eine Bedeutung mehr.
4. Vier-Tage-Woche
Zur Erreichung einer längeren Freizeit kann die Normalarbeitszeit an einzelnen Tagen regelmäßig gekürzt werden und die ausfallende Normalarbeitszeit auf die übrigen Tage der Woche verteilt werden. Bei diesem Arbeitszeitmodell arbeiten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen an vier Tagen in der Woche.
Besteht eine Verpflichtung zur Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen?
Der Arbeitgeber hat zur Überwachung der Einhaltung der Arbeitszeit in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen. Diese müssen Beginn und Ende der Arbeitszeit und die Ruhepausen enthalten.
Bei Bedarf haben die Arbeitgeber:innen dem Arbeitsinspektorat nicht nur die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, sondern auch auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu geben.
Die Aufzeichnungen können durch die Arbeitgeber:innen selbst erfolgen, oder, wenn dies vereinbart worden ist, durch die Arbeitnehmer:innen.
Für Arbeitnehmer:innen, die die Lage ihrer Arbeitszeit und ihren Arbeitsort weitgehend selbst bestimmen können oder ihre Tätigkeit überwiegend in ihrer Wohnung ausüben, wie Teleheimarbeitnehmer:innen, sind ausschließlich Aufzeichnungen über die Dauer der Tagesarbeitszeit zu führen.
Bei Arbeitnehmer:innen mit einer fixen Arbeitszeiteinteilung müssen keine zusätzlichen Arbeitsaufzeichnungen geführt werden. Die Arbeitgeber:innen haben lediglich deren Einhaltung zumindest am Ende jeder Entgeltzahlungsperiode sowie auf Verlangen des Arbeitsinspektorates zu bestätigen. Lediglich Abweichungen von dieser Einteilung sind laufend aufzuzeichnen. Unterbrechungen der Wochenendruhe, Wochenruhe, Feiertagsruhe und Ersatzruhe sind jedenfalls als laufend aufzuzeichnende Abweichungen anzusehen.
Werden Arbeitnehmer:innen während der Wochenendruhe, Wochenruhe, Ersatz- oder Feiertagsruhe beschäftigt, sind Aufzeichnungen über Ort, Dauer und Art der Beschäftigung sowie der gewährten Ersatzruhe zu führen.
Fazit
In letzter Zeit geht der Trend immer mehr in die Richtung, dass der klassische Acht-Stunden Tag für die meisten Arbeitnehmer:innen unbedeutender geworden ist.
An seine Stelle treten die so genannten flexiblen Arbeitszeitmodelle, weil Beruf und Familie sich am besten bei diesen Arbeitszeitmodellen vereinen lassen.
Dies bedeutet, dass Arbeitnehmer:innen weniger Stress und weniger Fehlzeiten aufweisen. Dies wiederum kann auch zur gesteigerten Motivation und Arbeitszufriedenheit der Arbeitnehmer:innen beitragen.