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11.07.2024 | Gesellschaftsrecht | ID: 1178138
Bei einer verbotenen Einlagenrückgewähr steht der Gesellschaft gem § 83 Abs 1 GmbHG sowie nach Bereicherungsrecht ein Rückersatzanspruch gegen den Gesellschafter zu. Hat der Gesellschafter Gegenforderungen gegen die Gesellschaft, so kann er nach der Rechtsprechung damit gegen den Rückersatzanspruch nicht aufrechnen (Aufrechnungsverbot). Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit Umfang und Grenzen des Aufrechnungsverbots und Folgefragen der exekutiven Durchsetzung des Rückersatzanspruchs der Gesellschaft.
Die Gesellschafter einer GmbH können ihre Stammeinlage nicht zurückfordern; sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluss sich ergebenden Bilanzgewinn, soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluss der Gesellschafter von der Verteilung ausgeschlossen ist (§ 82 Abs 1 GmbHG). Gesellschafter, zu deren Gunsten gegen die Vorschriften des GmbHG, gegen die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages oder entgegen einem Gesellschaftsbeschluss Zahlungen von der Gesellschaft geleistet worden sind, sind der Gesellschaft zum Rückersatz verpflichtet (§ 83 Abs 1 GmbHG). Eine Rückzahlungspflicht der Gesellschafter entfällt nur bei gutgläubigem Bezug von Gewinnanteilen. Auch im Aktienrecht gilt das Verbot der Einlagenrückgewähr gem § 52 AktG und der AG steht ein Rückersatzanspruch analog § 83 GmbHG zu. Die Aktionäre haften – im Gegensatz zu GmbH-Gesellschaftern – sogar unmittelbar gegenüber den Gesellschaftsgläubigern (§ 56 AktG). Der Rückersatzanspruch gem § 83 GmbHG verjährt in fünf Jahren (§ 83 Abs 5 GmbHG).
Da ein gegen §§ 82 GmbHG, 52 AktG verstoßendes Rechtsgeschäft nichtig iSd § 879 ABGB ist, steht der Gesellschaft daneben (parallel) ein Rückersatzanspruch nach allgemeinem Bereicherungsrecht zu. Der Bereicherungsanspruch verjährt in 30 bzw 40 Jahren (§§ 1472, 1485 ABGB).
Hat der Gesellschafter Gegenforderungen gegen die Gesellschaft, dann stellt sich die Frage, ob er gegen die Rückersatzanspruch aus verbotener Einlagenrückgewähr aufrechnen kann. Der OGH hat in der Grundsatzentscheidung vom 26.04.2016, 6 Ob 72/16f dazu ausgeführt, dass unrechtmäßige Zahlungen das Gesellschaftsvermögen vermindern und dadurch der Haftungsfonds der Gläubiger geschmälert wird, daher sei die Pflicht zur Rückerstattung unrechtmäßig erlangter Zahlungen weit auszulegen. Ebenso wie die ursprüngliche Aufbringung der Stammeinlage gem § 63 Abs 3 Satz 2 GmbHG nicht durch Aufrechnung erfolgen könne, sei auch eine Aufrechnung gegen Ansprüche aus der verbotenen Rückgewähr von Einlagen nicht zulässig. Der Zweck des § 83 GmbHG liege eindeutig darin, der Gesellschaft das ihr entzogene Kapital alsbald wieder zu verschaffen. Dieser Gesetzeszweck stehe einer Aufrechnung des Gesellschafters mit Gegenforderungen entgegen (Aufrechnungsverbot).
In Folgeentscheidungen hat der OGH das Aufrechnungsverbot dahingehend präzisiert, dass es nur gegenüber dem gesellschaftsrechtlichen Rückersatzanspruch gem § 83 Abs 1 GmbHG gilt. Stützt sich die Gesellschaft hingegen auf allgemeines Bereicherungsrecht – etwa deshalb, weil der Anspruch gem § 83 Abs 1 GmbHG schon verjährt ist – dann besteht das Aufrechnungsverbot nicht und der Gesellschafter kann außergerichtlich oder im Prozess mit seinen Gegenforderungen aufrechnen (OGH 21.12.2017, 6 Ob 206/17p ua). Dies gilt auch bei einer GmbH & Co KG (OGH 6 ob 128/17t).
Das Aufrechnungsverbot gilt ferner nur für den Gesellschafter. In der Entscheidung 6 Ob 84/17x stellte der OGH klar, dass § 63 Abs 3 GmbHG einer Aufrechnung durch die Gesellschaft nicht entgegensteht (im konkreten Fall: „Glattstellung von Verrechnungskonten“). Dies gilt auch im Anwendungsbereich des § 83 Abs 1 GmbHG (OGH 6 Ob 128/17t). Die Aufrechnung durch die Gesellschaft – einseitig oder durch Abschluss eines Aufrechnungsvertrags – ist zulässig, wenn die Gesellschafterforderung unbestritten, fällig und vollwertig ist. Vollwertigkeit fehlt insbesondere, wenn die Gesellschaft überschuldet oder zahlungsunfähig ist (RIS-Justiz RS0059967).
Hat die Gesellschaft über ihren Rückersatzanspruch einen rechtskräftigen Titel erlangt, dann stellt sich die Frage, ob der Gesellschafter seine Gegenforderungen im Exekutionsverfahren geltend machen kann. Nach der Rechtsprechung stellt eine Aufrechnung grundsätzlich einen Oppositionsgrund nach § 35 Abs 1 EO dar (OGH 3 Ob 172/00s). Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Aufrechnung nach materiellem Recht zulässig sein muss (RIS-Justiz RS0000765). Im Zusammenhang mit beschränkt pfändbaren Unterhaltsforderungen hat der OGH ausgeführt, dass eine Aufrechnung gegen den unpfändbaren Teil nur unter den Voraussetzungen des § 293 Abs 3 EO zulässig ist (Einbringung eines Vorschusses, einer im rechtlichen Zusammenhang stehenden Gegenforderung oder einer vorsätzlich verursachten Schadenersatzforderung). Die Aufrechnung gegen den pfändbaren Teil einer gesetzlichen Unterhaltsforderung ist hingegen unbeschränkt zulässig (OGH 3 Ob 80/03s).
Rechtsprechung zu exekutiv betriebenen Rückersatzansprüchen aus verbotener Einlagenrückgewähr liegt soweit ersichtlich nicht vor. Aus den oben genannten Grundsätzen und der Rechtsprechung zur EO ist allerdings Folgendes abzuleiten:
MMag. Dr. Florian Linder ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk Nau & Linder Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Wien/Mödling. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien und ist Redaktionsmitglied der Zeitschrift für Finanzmarktrecht. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Gesellschafts- und Unternehmensrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht und Liegenschafts-, Miet- und Wohnrecht.
Dr. Lukas Schenk ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk Nau & Linder Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Wien/Mödling. Er war als Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien sowie bei der Europäischen Kommission in Brüssel tätig. Dr. Lukas Schenk ist ständiger Vortragender an der Akademie der Wirtschaftstreuhänder. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Umstrukturierungen-Umgründungen, Gesellschaftsrecht einschließlich Gesellschafterkonflikt und Geschäftsführerberatung, Gewerberecht sowie Arbeitsrecht.
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