06.10.2025 | Wohnrecht | ID: 1234291

Zum Einbau einer Wallbox für Elektroautos im Mietobjekt

Roman Reßler

Mag. Roman Reßler erläutert eine aktuelle OGH-Entscheidung zur Frage, ob der Einbau einer Wallbox für Elektroautos durch die Mieterin einer Kfz-Werkstätte der Verkehrsüblichkeit entspricht.

Ob die Installation einer Wallbox durch die Mieterin einer Kfz-Werkstätte an der Außenwand der Werkstatt im Hofbereich der Verkehrsüblichkeit entspricht, ist immer nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Ergibt sich die Verkehrsüblichkeit nicht schon aus der allgemeinen Lebenserfahrung, so ist darauf abzustellen, ob die konkrete Änderung unter Berücksichtigung der bestimmten Beschaffenheit des betreffenden Hauses bzw seines Umfeldes als üblich anzusehen ist. Dabei sind neben der Beschaffenheit des Hauses auch das Umfeld, das Ausmaß des Eingriffes in die Bausubstanz und das Ausmaß der Inanspruchnahme der Umgestaltung allgemeiner Teile zu berücksichtigen.

Verkehrsüblichkeit einer Wallbox: Aktuelle OGH-Entscheidung

Sachverhalt

Der Entscheidung 5 Ob 109/25b vom 05.08.2025 lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Im gegenständlichen Fall betreibt eine Mieterin auf der im Alleineigentum der Vermieterin stehenden Liegenschaft eine Kfz-Werkstätte. Mitvermietet sind näher bezeichnete, auf der Hoffläche der Liegenschaft gelegene Kfz-Abstellflächen. Im Oktober 2021 ließ die Mieterin im Bereich der Außenwand der Werkstatt im Hofbereich zwei Ladestationen für Elektroautos (Wallboxen) montieren ohne eine Zustimmung der Antragsgegnerin als Vermieterin dazu einzuholen.

Sowohl das Erstgericht als auch das Rekursgericht wiesen den Antrag, die Vermieterin zu verpflichten, die von der Mieterin angebrachten Elektroladestationen samt Verkabelung und Verbindung mit dem Mietobjekt der Mieterin zu dulden, mangels Verkehrsüblichkeit ab. Aufgrund des gegen die Entscheidung der Vorinstanzen erhobenen außerordentliches Revisionsrekurses kam das Höchstgericht zu folgenden Festlegungen.

Zum Umfang der Duldungspflicht des Vermieters

Gegenstand der Prüfung der Duldungspflicht des Vermieters ist immer die konkret beabsichtigte Änderung in ihrer geplanten bzw bereits durchgeführten Ausgestaltung. Ob die Voraussetzungen für die Duldungspflicht des Vermieters zur Installation der Wallboxen gegeben sind, hängt somit von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab. Dies wirft in der Regel keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf, welche im Zuge eines außerordentlichen Revisionsrekurses zu prüfen ist. Nur im Fall einer groben, die Rechtssicherheit infrage stellenden Fehlbeurteilung hätte der OGH hier korrigierend einzugreifen (5 Ob 245/18t). Dies ist hier allerdings nicht der Fall.

Zur Beurteilung der Verkehrsüblichkeit

Bei der Beurteilung der Verkehrsüblichkeit im Sinne des § 9 Abs 1 Z 2 MRG kommt es darauf an, ob die konkret beabsichtigte Änderung in ihrer geplanten Ausgestaltung als solche verkehrsüblich ist. Ergibt sich die Verkehrsüblichkeit, wie im gegenständlichen Fall, nicht schon aus der allgemeinen Lebenserfahrung, ist nach der Rechtsprechung darauf abzustellen, ob die konkrete Änderung unter Berücksichtigung der bestimmten Beschaffenheit des betreffenden Hauses und seines Umfeldes als üblich anzusehen ist.

Dabei sind neben der Beschaffenheit des Hauses auch das Umfeld, das Ausmaß des Eingriffes in die Bausubstanz und das Ausmaß der Inanspruchnahme der Umgestaltung allgemeiner Teile zu berücksichtigen. Unter dem maßgeblichen Umfeld wird nach der Judikatur des OGH in der Regel die „Gegend“ oder die „nächste“ oder „unmittelbare“ Umgebung verstanden. Von einer Verkehrsüblichkeit ist dabei nur dann auszugehen, wenn in der so verstandenen Umgebung zumindest bei einem großen Teil vergleichbarer Objekte vergleichbare Maßnahmen durchgeführt wurden.

Nach den gerichtlichen Feststellungen wurden die Wallboxen an der Außenwand der Werkstatt im Hofbereich der Liegenschaft montiert. Warum die Außenwand der Werkstatt Bestandteil des Mietobjektes sein soll, wie von der Mieterin behauptet, ist nach den Feststellungen nicht nachvollziehbar, weil ja nur gewisse Abstellplätze im Hofbereich Bestandteil des Bestandobjektes sind. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass die Inanspruchnahme allgemeiner Teile durch die Montage nur im geringen Umfang erfolgt, gibt es nach den Feststellungen des Gerichtes im Umkreis von 1 km von der Liegenschaft zwar vier öffentliche E-Ladestationen, während aber nicht festgestellt werden konnte, dass es in Altbauten in der näheren Umgebung der Liegenschaft in Hofbereichen private E-Ladestationen gäbe.

Abgesehen davon, dass es sich dabei um relativ weit entfernte „halb öffentliche“ Ladestationen handelt, die nach der vertretbaren Auffassung der Vorinstanzen nicht mehr in der näheren Umgebung zu finden sind, würden nur zwei derartige Ladestationen im Hofbereich von Liegenschaften noch keine Verkehrsüblichkeit im Sinne der bisherigen Judikatur begründen. Nachdem insgesamt die Verkehrsüblichkeit zu verneinen war, ist das wichtige Interesse der Mieterin im Sinne des § 9 Abs 2 Z 1 MRG nicht mehr relevant, weil nach § 9 Abs 2 Z 1 MRG kumulativ die Voraussetzungen des wichtigen Interesses und der Verkehrsüblichkeit gegeben sein müssen. Somit war im Ergebnis der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Zum Verhältnis der durch die WEG-Novelle 2022 neu getroffenen Regelung in Bezug auf Vorrichtungen zum Langsamladen für Kfz

Im Gegensatz zum Mieter muss bei der Errichtung einer Vorrichtung zum Langsamladen für Kfz durch einen einzelnen Wohnungseigentümer als privilegierte Maßnahme die Verkehrsüblichkeit und das wichtige Interesse nicht mehr geprüft werden. Nach Ansicht des OGH hat es der Gesetzgeber anlässlich der WEG-Novelle 2022 jedenfalls nicht übersehen § 9 Abs 2 MRG zu ändern, sodass auch keine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt.

Fazit

Der vorliegenden Entscheidung ist aus Vermietersicht vorbehaltslos zuzustimmen, wobei festzuhalten ist, dass sich in Zukunft die Voraussetzungen für die Verkehrsüblichkeit unter Zugrundelegung der vorliegenden Entscheidung auch im MRG grundsätzlich ändern können, zumal in Zukunft mit der Errichtung einer Vielzahl von Wallboxen insgesamt zu rechnen ist.

Autor

Mag. Roman Reßler ist Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum. Schon während seines Studiums war er als Eigentümer von Liegenschaften mit Fragen des Miet- und Wohnrechts beschäftigt. Nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums und des Gerichtsjahres mit dem Schwerpunkt „Wohnrecht“ sammelte er weitere praktische Erfahrungen in einer Hausverwaltung. Im Jahre 2001 begann er seine Tätigkeit als Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum, wo er für die persönliche Mitgliederberatung verantwortlich ist.

Neben seiner Tätigkeit als Rechtsberater verfasst er auch juristische Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederzeitung „Haus & Eigentum“.

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