Forced Labour Regulation: Was Unternehmen jetzt wissen müssen
Die EU-Verordnung gegen Zwangsarbeit (Forced Labour Regulation, FLR) soll die Herstellung von Produkten und die Förderung von Rohstoffen unter Zwangsarbeit wirksam unterbinden. Anna Dalinger fasst die Auswirkungen auf heimische Unternehmen zusammen.
Die Bekämpfung von Zwangsarbeit in globalen Lieferketten ist ein zentrales Anliegen der Europäischen Union. Mit der Verordnung (EU) 2024/3015, der so genannten Forced Labour Regulation (FLR), setzt die EU ab Dezember 2027 ein klares Zeichen gegen Produkte, die unter Zwangsarbeit hergestellt wurden.
Für österreichische Unternehmen bedeutet dies neue Sorgfaltspflichten und weitreichende Änderungen in der Lieferkettengestaltung. Was ändert sich konkret, und wie können sich Unternehmen vorbereiten?
Forced Labour Regulation: Hintergrund und Ziel der Verordnung
Die Forced Labour Regulation verbietet ab dem 14. Dezember 2027 die Bereitstellung, Einfuhr und den Export von Produkten auf dem EU-Markt, die ganz oder teilweise unter Zwangsarbeit hergestellt wurden (Art 3). Zwangsarbeit wird gemäß ILO-Übereinkommen Nr 29 als Arbeit definiert, die unter Androhung einer Strafe und ohne freiwillige Zustimmung erbracht wird. Ziel ist es, Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, den Binnenmarkt vor unethischen Produkten zu schützen und nachhaltiges Wirtschaften zu fördern.
Die Verordnung, die am 12. Dezember 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde (ABl L 2024/3015), trat bereits am 13. Dezember 2024 in Kraft. Unternehmen haben bis Dezember 2027 Zeit, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen. Die FLR ergänzt andere EU-Rechtsakte wie die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und ist eng mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verknüpft, die Transparenz in Nachhaltigkeitsberichten fordert.
Was ändert sich für Unternehmen?
Die Forced Labour Regulation bringt für österreichische Unternehmen – unabhängig von Größe, Sitz oder Branche – neue Pflichten und Herausforderungen, aber auch Chancen mit sich. Besonders betroffen sind Branchen wie Textil, Elektronik, Agrarwirtschaft und Bauwesen, da 40 % der österreichischen Importe in diesen Bereichen aus Nicht-EU-Ländern stammen (Statistik Austria, 2023). Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
1. Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit
Ab Dezember 2027 dürfen Produkte, die unter Zwangsarbeit hergestellt wurden, nicht mehr auf den EU-Markt gelangen. Dies umfasst Rohstoffe (zB Baumwolle aus Xinjiang), Zwischenprodukte (zB Halbleiter) und Endprodukte (zB Kleidung), einschließlich Online-Vertrieb. Unternehmen müssen nachweisen, dass ihre Lieferketten zwangsarbeitsfrei sind. Verstöße führen zur Rücknahme, Entfernung oder Vernichtung der Produkte (Art 15).
2. Neue Sorgfaltspflichten
Die Verordnung verpflichtet Unternehmen, ihre Lieferketten auf Zwangsarbeitsrisiken zu prüfen. Dazu gehören:
- Risikobewertung: Analyse geografischer und sektorspezifischer Risiken, zB in der Textilproduktion in Hochrisiko-Regionen.
- Maßnahmen: Anpassung von Lieferverträgen, Suche nach alternativen Zulieferern oder Kündigung von Verträgen bei Risiken.
- Dokumentation: Nachweise über Sorgfaltspflichten müssen fünf Jahre aufbewahrt werden (Art 8).
- EU-Datenbank: Ab 2027 ist die Nutzung einer zentralen EU-Datenbank für Zwangsarbeitsrisiken verpflichtend (Art 12).
Die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) empfiehlt Tools wie die OECD Due Diligence Guidance und standardisierte Audits, um die Anforderungen zu erfüllen. Bis Juni 2026 will die Europäische Kommission Leitlinien zu Due-Diligence-Prozessen veröffentlichen.
3. Durchsetzung und Sanktionen
Die Einhaltung wird von nationalen Behörden, unterstützt von Zollbehörden und der Europäischen Kommission, überwacht. In Österreich ist die zuständige Behörde noch nicht festgelegt, wahrscheinlich wird es entweder das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft oder die Finanzmarktaufsicht (FMA) sein. Bei Verstößen drohen:
- Verbot des Inverkehrbringens oder Exports,
- Rücknahme oder Entsorgung von Produkten,
- Geldbußen bis zu 7 % des Jahresumsatzes (Art 30).
Die Ermittlungen basieren auf einem risikobasierten Ansatz, der Datenbanken, Berichte internationaler Organisationen (zB ILO) und zivilgesellschaftliche Hinweise nutzt.
4. Integration in die Nachhaltigkeitsberichterstattung
Die Forced Labour Regulation ist eng mit der CSRD verzahnt. Unternehmen, die der CSRD unterliegen (in Österreich ab 2025 große Unternehmen, ab 2026 bestimmte KMU), müssen über Sorgfaltssysteme, Risikobewertungen und Abhilfemaßnahmen berichten. Dokumentationen für die FLR können in CSRD-Berichte einfließen, was Synergien schafft. Öffentliche Berichte erhöhen die Transparenz und die Verantwortung gegenüber Stakeholdern.
Chancen und Herausforderungen der Forced Labour Regulation
Die Verordnung bietet Unternehmen sowohl Chancen als auch Herausforderungen:
- Chancen: Zwangsarbeitsfreiheit stärkt die Reputation, da 65 % der Konsumenten ethische Produkte bevorzugen (Eurostat, 2023). Compliance sichert den Zugang zum EU-Binnenmarkt und unterstützt ESG-Strategien, die Investoren anziehen.
- Herausforderungen: Besonders KMU stehen vor hohen Kosten für Audits (bis zu 5 % des Budgets, IHK Düsseldorf, 2023) und vor komplexen Lieferketten. Die noch ausstehenden nationalen Umsetzungsdetails erschweren die Planung.
Was Unternehmen jetzt tun sollten
Zum heutigen Tag sollten Unternehmen die Übergangsfrist nutzen, um sich vorzubereiten. Die WKO bietet Unterstützung durch Schulungen, Webinare und den „Leitfaden Nachhaltigkeit 2024“. Eine Checkliste für die Umsetzung umfasst:
- Implementierung eines Supplier Code of Conduct,
- Einbeziehung von Anti-Zwangsarbeitsklauseln in Verträge,
- Durchführung von Risikoanalysen für alle Lieferkettenstufen,
- Regelmäßige Schulungen für Beschaffungsabteilungen,
- Einrichtung von Überwachungs- und Abhilfemaßnahmen.
Praxisbeispiel:
Ein österreichischer Textilimporteur könnte seine asiatischen Zulieferer auditieren und bei Zwangsarbeitsverdacht den Vertrag kündigen. Dies bringt kurzfristige Kosten, sichert aber langfristige Compliance und Marktposition.
Fazit
Die Forced Labour Regulation ist ein Meilenstein für ethische Lieferketten und nachhaltiges Wirtschaften. Ab Dezember 2027 stellt sie österreichische Unternehmen vor neue Herausforderungen, bietet aber auch Chancen für ethisches Branding und Marktzugang. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, Risikomanagementsysteme aufzubauen, Verträge anzupassen und die CSRD-Berichterstattung zu integrieren. Unterstützung finden Unternehmen bei der WKO und in künftigen Leitlinien der EU-Kommission. Handeln Sie jetzt, um Compliance und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern!