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23.02.2021 | Arbeitsrecht | ID: 1084406
Der Ausbruch der Corona-Pandemie brachte für viele Arbeitgeber und -nehmer die Verlegung des Arbeitsplatzes in die eigene Wohnung. Die Arbeitsleistung sollte nun im Homeoffice erbracht werden. Daran hat sich bis heute nichts geändert. • [Fußnote: § 6 Abs 1 4. COVID-19-SchuMAV vom 5.2.2021] Inzwischen hat sich Homeoffice etabliert und gezeigt, dass die Arbeitserbringung von zuhause ein fester Bestandteil der Zukunft sein kann (und wird, wie zu erwarten ist). Die gesetzliche Homeoffice-Regelung wird wohl kommen, um zu bleiben.
Jedoch stellten sich vor allem zu Beginn der Pandemie einige Fragen bei der Umsetzung. Allen voran „Wie muss Homeoffice eingeführt werden? Setzt das eine Betriebsvereinbarung voraus?“ Der Grund dafür war leicht zu finden, denn in Österreich gab es bislang keine gesetzlichen Regelungen zu Homeoffice (wohl aber vereinzelt in Kollektivverträgen und natürlich in Dienst- und Arbeitsverträgen). Das hat sich aber nun geändert. Zumindest fast. Nun liegt der Entwurf für das neue Homeoffice-Gesetz vor, das Mitte Februar in Begutachtung geschickt und gestern beschlossen wurde. Die Änderungen, die das Homeoffice-Gesetz mit sich bringt, sind:
Homeoffice liegt vor, „wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer Arbeitsleistungen in der Wohnung“ erbringen. • [Fußnote: Art 1, Entwurf des Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Einkommenssteuergesetz 1988 geändert werden (fortan als „Homeoffice-Gesetz“ bezeichnet)] Diese eher einfach verständlich anmutende Definition lässt doch einigen Interpretationsspielraum zu. Was mit dieser eher allgemeinen Formulierung der „Wohnung“ gemeint sein könnte, findet sich in den Erläuterungen zum Gesetzespaket.
Laut diesen umfasst die Definition sowohl die Erbringung der Arbeitsleistung in der Privatwohnung als auch in einer Wohnung in einem Nebenwohnsitz sowie in der Wohnung eines nahen Angehörigen oder des Lebensgefährten. Ob damit generell auf den Wohnungs-Begriff etwa des Meldegesetzes verwiesen wird, bleibt aber offen. Damit auch, ob auch der Garten oder die Garage etwa ein öffentlicher Ort im Freien darunter fällt. Das lässt aber auch die Frage nach dem Versicherungsschutz und der Haftung bei Verrichtung der Arbeitsleistung an diesen Orten offen.
Immerhin soll Arbeit im Homeoffice laut den Erläuterungen des Ministeriums nicht nur bedeuten, dass zur Arbeitsleistung Informations- und Kommunikationstechnik verwendet wird, sondern auch dann vorliegen, wenn andere Mittel zur Arbeitserbringung (z.B: Papierunterlagen) herangezogen werden. • [Fußnote: Erläuterungen zu Art 1 des Homeoffice-Gesetzes]
Dies entspricht im Prinzip der aktuellen Rechtslage. Auch jetzt muss Homeoffice vereinbart werden. Neu ist allerdings das Erfordernis der Schriftlichkeit und das beidseitige Widerrufsrecht. Ob es sich bei dem Schriftformerfordernis um eine zwingende Voraussetzung handelt, geht jedoch aus dem Entwurf nicht eindeutig hervor. Der Text spricht zwar davon, dass die Vereinbarung schriftlich zu erfolgen hat, jedoch soll das Fehlen der Schriftlichkeit nicht zur Nichtigkeit der Vereinbarung führen. • [Fußnote: Erläuterungen zu Art 1 des Homeoffice-Gesetzes] Dies ist daher wohl so auszulegen, dass die Schriftlichkeit grundsätzlich gewünscht ist, jedoch auch mündliche Vereinbarung bindend sein sollen. Warum der Gesetzgeber dann aber das Tatbestandsmerkmal der Schriftlichkeit anführt, ist nicht nachvollziehbar.
Das Widerrufsrecht darf von beiden Seiten nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ausgeübt werden. Was genau als wichtiger Grund zu qualifizieren ist, lässt der Gesetzestext völlig offen. Die Erläuterungen immerhin nennen reichlich Spielraum für Argumentationen auf beiden Seiten lassende Beispiele eine Veränderung der betrieblichen Erfordernisse oder Veränderungen der Wohnsituation des Arbeitnehmers, sodass dieser die Arbeitsleistung nicht mehr im Homeoffice erbringen kann. • [Fußnote: Erläuterungen zu Art 1 des Homeoffice-Gesetzes] Was letztlich alles als wichtiger Grund zu qualifizieren ist, wird sich erst durch die Rechtsprechung zeigen.
Offensichtlich soll mit der Ausgestaltung des Widerrufsrechts eine Einschränkung der im Arbeitsrecht etwa bei der Entlassung bekannten Auflösungswirkungen aus wichtigem Grund geschaffen werden. Grundsätzlich berechtigt ein wichtiger Grund zur sofortigen Auflösung einer Vereinbarung. Dies soll aber bei einem Widerruf der Homeofficevereinbarung nicht der Fall sein. Es handelt sich daher offenbar um eine neue Kategorie von Beendigungsmöglichkeiten aus wichtigem Grund, nämlich jene, die zwar eine Vereinbarung beenden, aber eben nicht mit sofortiger Wirkung. Ob der Gesetzgeber deswegen das Wort „gelöst“ statt „aufgelöst“ verwendet?
Zahlungen des Arbeitgebers zur Abgeltung der Tätigkeit des Arbeitnehmers im Homeoffice („Homeoffice-Pauschale“) sollen mit einem maximalen Betrag von drei Euro pro Homeoffice-Tag steuerfrei bleiben. Es gilt dabei jedoch eine Höchstgrenze von 100 Tagen pro Jahr. Dies bedeutet daher, dass die höchst mögliche Steuerbefreiung EUR 300,00 (also EUR 3,00 pro Tag) betragen kann. Übersteigende Zahlungen sind als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln.
Arbeitnehmer können aufgewendete Kosten für die Ausstattung des Arbeitsplatzes mit ergonomischem geeignetem Mobiliar bis zu einer Höhe von EUR 300,00 als Werbungskosten geltend machen. Voraussetzung ist jedoch, dass zumindest an 42 Tagen pro Jahr im Homeoffice gearbeitet wird. • [Fußnote: Art 7, Entwurf des Homeoffice-Gesetzes] Interessant ist, dass im Gesetzestext als ergonomisch geeignetes Mobiliar nur Schreibtische, Drehstühle und die Beleuchtung angeführt sind. Es handelt sich dabei wohl um eine taxative Aufzählung, denn auch die Erläuterungen erwähnen nur jenes Mobiliar. • [Fußnote: Art 7, Entwurf des Homeoffice-Gesetzes] Die Anschaffung eines Stuhls bzw Schreibtischsessels, der daher kein Drehstuhl ist, kann daher nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden. Nun kam es zu einer Abänderung von 42 auf 26 Tage pro Jahr.
Die Arbeiterkammer kritisierte, dass die steuerliche Begünstigung für ergonomisches Mobiliar an die Voraussetzung von zumindest 26 Tagen (ursprünglich geplant 42 Tagen) pro Jahr im Homeoffice geknüpft sei. Diese Grenze sei zu unflexibel und würden in der Realität ständig unterschritten werden. Als Beispiel führt die Arbeiterkammer einen Arbeitnehmer an, der mit seinem Arbeitgeber für jeden Montag Homeoffice vereinbart. Unter Berücksichtigung von Feiertagen, 5 Wochen Urlaub und etwaigen Krankenständen sowie Fortbildungen, würde es nur zu 40 Tagen im Homeoffice kommen, wodurch eine Absetzbarkeit nicht mehr möglich ist.
Weiters kritisiert die Arbeiterkammer, dass der Höchstbetrag für die Absetzbarkeit von EUR 300,00 nicht für jedes Jahr einheitlich ist. Für 2020 und 2021 wurde der Höchstbetrag ursprünglich jeweils auf EUR 150,00 aufgeteilt. So komme es zu einer Ungleichbehandlung, je nachdem wann Mobiliar für die Ausstattung des Homeoffice gekauft werde. • [Fußnote: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210217_OTS0089/ak-sieht-zwei-unnoetige-patzer-in-sonst-gelungenem-homeoffice-entwurf] Durch eine Adaptierung des Entwurfs können für 2021 nun bis zu 300 Euro statt 150 Euro als Werbungskosten abgesetzt werden, sofern die Werbungspauschale 2020 nicht bzw nicht vollständig in Anspruch genommen wurde.
Auch in Deutschland arbeitet man seit Oktober an einem Entwurf eines Homeoffice-Gesetzes („Mobile-Arbeit-Gesetz“). Dieser ähnelt zwar dem österreichischen Entwurf, jedoch finden sich auch einige Besonderheiten:
Arbeitnehmer sollen dem Arbeitgeber ihren Wunsch auf Homeoffice samt Beginn, Dauer und Umfang drei Monate vor Beginn des gewünschten Termins bekanntgeben. Ist der Arbeitgeber mit diesem Vorschlag nicht einverstanden, muss er dies dem Arbeitnehmer schriftlich mitteilen und die Ablehnung begründen. Versäumt der Arbeitgeber dies, gilt die entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers geplante Homeoffice-Tätigkeit für die Dauer von sechs Wochen als vereinbart. • [Fußnote: § 111 Abs 1 bis Abs 3 GewO, Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 26.11.2020]
Der deutsche Entwurf hat den Vorteil, dass Arbeitgeber mehr in die Pflicht genommen werden, indem eine Ablehnung von Homeoffice begründet werden muss. In Österreich ist keine entsprechende Regelung vorgesehen. Arbeitgeber können daher Homeoffice auch unbegründet ablehnen. Der deutsche Entwurf zeigt sich daher in dieser Hinsicht arbeitnehmerfreundlicher und bringt mehr Sicherheit für Arbeitnehmer. Wobei auch im deutschen Entwurf die Frage offen bleibt, wie ausführlich eine derartige Begründung letztlich ausgestaltet sein muss.
Eine ähnlich starke Einbindung des Arbeitgebers, seine Arbeitnehmer über Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen im Homeoffice schriftlich aufzuklären, wie etwa zur ergonomischen Gestaltung des Arbeitsplatzes, findet sich im österreichischen Entwurf nicht.
Weitere Besonderheiten oder Regelungen zu anderen Bereichen, wie etwa zu Kontrollrechten des Arbeitgebers oder zum Datenschutz, lässt der deutsche Gesetzesentwurf vermissen.
Wesentliche Änderungen der derzeitigen Gesetzeslage bringt das Homeoffice-Gesetz nicht. Es handelt sich größtenteils entweder um Klarstellungen (Kontrollrechte des Arbeitsinspektorats) oder um Neufassungen der ohnehin bereits bestehenden Rechtslage (Vereinbarungspflicht des Homeoffice). Die Neuerungen finden sich vor allem in steuerrechtlicher Sicht, wo nun ein finanzieller Anreiz für Homeoffice geschaffen ist.
Insbesondere lässt das Homeoffice-Gesetz jedoch Bestimmungen zu einigen Bereichen, die im Homeoffice eine große Bedeutung haben und wo daher eine gesetzliche Regelung wünschenswert gewesen wäre, wie zum Datenschutz oder zu Kontrollrechten des Arbeitgebers, überhaupt vermissen.
Das Homeoffice-Gesetz soll nach Inkrafttreten bis Ende 2022 evaluiert werden, um etwaige Verbesserungsvorschläge umsetzen zu können. Weitere Änderungen oder Verfeinerungen sind daher wohl wahrscheinlich.
Mag. Georg Streit, Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG
Mag. Nikolaus Sauerschnig, Rechtsanwaltsanwärter bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG
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