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24.02.2022 | Arbeitsrecht | ID: 1110871
Anlassfall war die Rechtssache WD/job-medium, C-233/20. Das betreffende Arbeitsverhältnis endete durch unberechtigten vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers. Im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte der Arbeitnehmer einen offenen Urlaubsanspruch im Ausmaß von 3,33 Arbeitstagen. Die Arbeitgeberin lehnte die Auszahlung der Urlaubsersatzleistung wegen des unberechtigten Austrittes entsprechend § 10 Abs 2 Urlaubsgesetz (UrlG) ab. Mit der Begründung, § 10 Abs 2 UrlG sei unionsrechtswidrig, klagte der Arbeitnehmer auf Zahlung der Urlaubsersatzleitung.
Nach der österreichischen Rechtslage ist bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht verbrauchter Urlaub grundsätzlich durch eine Ersatzleistung abzugelten. Davon abweichend normiert § 10 Abs 2 UrlG, dass ein Arbeitnehmer, der ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt, die Urlaubsersatzleistung für das aktuelle Urlaubsjahr verliert.
Diese Ausnahmebestimmung bezweckt eine Pönalisierung des Arbeitnehmers bei unberechtigter vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ein unberechtigter Austritt eines Arbeitnehmers erfolgt für den Arbeitgeber plötzlich und unerwartet, sodass vor Ende des Arbeitsverhältnisses keine Möglichkeit mehr besteht, den Urlaub tatsächlich zu verbrauchen.
Das Klagebegehren wurde in den ersten beiden Instanzen abgewiesen. Der OGH leitete schließlich ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH zur Unionsrechtskonformität von § 10 Abs 2 UrlG ein.
Die Fragestellung an den EuGH umfasste im Wesentlichen folgende Eckpunkte:
Arbeitszeitrichtlinie vereinbar?
Urlaubes für den Arbeitnehmer unmöglich war?
Der EuGH gelangte zum Ergebnis, dass § 10 Abs 2 UrlG unionsrechtswidrig ist.
Dies vor dem Hintergrund, dass Art 7 Arbeitszeitrichtlinie und Art 31 Abs 2 GRC ein Grundrecht auf bezahlten Jahresurlaub gewährleisten. Dieses Recht beinhaltet neben dem Naturalanspruch zu Erholungszwecken auch den Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht verbrauchten Jahresurlaub.
Art 7 Abs 2 Arbeitszeitrichtlinie setzt für das Entstehen dieses Vergütungsanspruchs lediglich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und einen offenen Urlaubanspruch voraus. Die Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist dafür nicht maßgeblich.
Dem Arbeitnehmer steht daher in jedem Fall eine finanzielle Vergütung für den im Beendigungszeitpunkt nicht verbrauchten Jahresurlaub zu. Das nationale Gericht hat nicht zu prüfen, ob der Verbrauch des Urlaubes für den Arbeitnehmer unmöglich war.
ArbeitnehmerInnen haben – unabhängig von der Beendigungsart des Arbeitsverhältnisses –
immer einen Anspruch auf Urlaubsersatzleistung.
Für „Altfälle“ bedeutet das, dass unberechtigt vorzeitig ausgetretene ArbeitnehmerInnen ihre Ansprüche auf Urlaubersatzleistung geltend machen können, sofern der Austritt noch keine drei Jahre zurückliegt. Kürzere kollektivvertragliche oder einzelvertraglich vereinbarte
Verfallsfristen sind zu beachten.
Der im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses offene Urlaubsanspruch ist daher – unabhängig von der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – auszuzahlen. Ist der Anspruch noch nicht verjährt bzw verfallen, gilt das auch für „Altfälle“.