13.11.2025 | Gesellschaftsrecht | ID: 1236849

Gesellschafter für immer? Führt wirklich kein (Klags)Weg aus der Gesellschaft?

Georg Streit

RA Mag. Georg Streit erläutert in diesem Beitrag anhand aktueller Judikatur, weshalb bereits bei GmbH-Gründung auch eine mögliche Auflösung der GmbH vertraglich mitbedacht werden sollte.

Wer sich mit anderen vertraglich zusammenschließt, sollte stets auch die Beendigung der vertraglichen Kooperation im Auge behalten. Dies gilt umso mehr bei einer GmbH. Denn der Weg aus dem Gesellschaftsverhältnis kann, wenn keine Einigung zustande kommt, vor Gericht in einer Sackgasse enden. RA Mag. Georg Streit stellt die jüngste Rechtsprechung des OGH zur Klage auf Auflösung einer GmbH dar:

Schon am Anfang ans Ende denken

Eine GmbH ist im Regelfall recht rasch gegründet. Der Gesetzgeber hat die gesetzlichen Hürden in den letzten Jahren abgebaut und auch im Firmenbuch ist die GmbH hierzulande im Regelfall recht schnell eingetragen. Auch in einer Gesellschaft ist aber nicht jede Beziehung glücklich und vor allem ist nicht jeder Gesellschafter dauerhaft mit der einst getroffenen Wahl, sich gesellschaftsvertraglich mit anderen zu verbinden, zufrieden.

Umso wichtiger ist es, bereits bei Begründung der Partnerschaft im Rahmen einer GmbH an deren Ende zu denken. Jedenfalls für den Fall, dass nur ein Gesellschafter das Ende der Verbindung herbeiführen will. Gesellschaftern stehen durch das GmbHG recht große Freiheiten bei der Vereinbarung ihrer Beziehung in der Gesellschaft zu. Auch was die Auflösung einer GmbH betrifft, sind weitreichende Regelungen zulässig. Diese sollten man aber auch nützen. Denn auf die gesetzlichen Regelungen allein ist nicht immer Verlass. Oder anders formuliert: wenn ein bestimmtes Vorhaben keine Deckung im Vertrag findet und auch keine explizite gesetzliche Grundlage besteht, dann kann es auch in der Gesellschaft heißen „until death do them part“.

Dead end

Ein letzter Ausweg für den Gesellschafterstreit ist oft jener zu Gericht. Will man eine Gesellschaft auflösen, führt dieser in Österreich aber nicht zum Ziel, wenn man keine vertragliche Vorsorge getroffen hat. Heißt es im deutschen GmbHG, dass die Gesellschaft durch gerichtliches Urteil aufgelöst werden kann (§ 61 dGmbHG), was dann möglich ist, wenn die Erreichung „des Gesellschaftszweckes unmöglich wird oder wenn andere, in den Verhältnissen der Gesellschaft liegende, wichtige Gründe für die Auflösung vorhanden sind“, fehlt eine entsprechende Regelung im österreichischen GmbHG.

´cause I said so

Nach immer noch aktueller Ansicht des OGH erfolgte diese Entscheidung des österreichischen Gesetzgebers bewusst (OGH 3 Ob 57/00d). Für die Rechtsansicht des OGH, der entgegen zahlreichen Stimmen in der rechtswissenschaftlichen Lehre darin keine Gesetzeslücke erblickt, sprechen die Gesetzesmaterialien und die offenbar bewusste Untätigkeit des Gesetzgebers, der der Kritik daran trotzte. Besteht keine Gesetzeslücke, kommt auch eine analoge Anwendung einer vorhandenen Regelung über die Klage auf Auflösung einer Personengesellschaft nicht in Betracht (OGH 6 Ob 80/11z).

… and the law won?

Mag die Verbindung mit einem anderen Gesellschafter aufgrund dessen Verhaltens auch noch so unzumutbar sein, eröffnet dies nach dem OGH (nach wie vor) nicht den Weg zur Auflösungsklage. Dies ungeachtet des Umstandes, dass grundsätzlich ein wichtiger Grund auch ohne explizite Vereinbarung zur Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses taugen kann. Einem Klagebegehren auf Auflösung der Gesellschaft blieb daher auch jüngst der Erfolg versagt. (OGH 04.06.2025, 6 Ob 170/24d).

It ain´t over ´til it´s over

Der Kläger hatte in jenem Verfahren auch ein Eventualbegehren auf Zustimmung zur Beschlussfassung zur Auflösung der GmbHgestellt und war auch damit in den ersten Instanzengescheitert. Der OGH ließ dieses Ergebnis zwar formell unangetastet, aber nur, weil er dies, wie er explizit ausführte, musste. Das Berufungsgericht (OLG Wien). hatte die Abweisung des Eventualbegehrens bestätigt und die Revision an den OGH ließ dies unbekämpft. Daher führt der OGH in seinem das Berufungsurteil bestätigenden Beschluss abschließend (und wie man zwischen den Zeilen recht deutlich lesen mag: ein wenig bedauernd?) an, dass er die im Eventualbegehren aufgeworfenen Fragen nicht mehr zu beantworten hatte, obwohl dafür ein „durchaus beachtliche Argumente“ in der Literatur zu finden wären. Explizit wies der OGH auf die Treuepflicht unter den Gesellschaftern einer GmbH hin

Damit dürfte die Diskussion um die Möglichkeit der Klage auf Auflösung einer GmbH nicht beendet, sondern vielmehr ein neuer (Um)Weg zum Ziel eröffnet worden sein. Wenngleich noch einige Schritte zu gehen sein werden, ist wohl schon recht bald damit zu rechnen, dass dieses Argument auch tatsächlich gerichtlich überprüfbar „fruchtbar“ gemacht werden kann.

To be continued ....

Zwar ist eine genauere Auseinandersetzung des OGH damit, insbesondere eine Stattgebung einer Klage auf Auflösung einer GmbH aufgrund der Treuepflicht eines Gesellschafters (im Hinblick auf die Zustimmung zum Auflösungsbeschluss) abzuwarten. Aber in Antizipationen einer retrospektiven Betrachtung lässt sich schon grübeln, weshalb die Treuepflicht aus dem Gesellschaftsverhältnis ein fruchtbarerer Boden sein soll als ein grundsätzlich für die Auflösung des Dauerschuldverhältnisses tauglicher wichtiger Grund, der etwa in einem unzumutbaren Verhalten eines Mitgesellschafters begründet liegt. Vielleicht führt die Argumentation mit der Treuepflicht ja (im Sinne der Verbindung bis zum Tod) auch zur Bekräftigung der Unauflöslichkeit einer GmbH (wenn dafür keine vertragliche Grundlage besteht).

Autor

Mag. Georg Streit ist Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte (Wien).

Ähnliche Beiträge

  • GmbH: Von der Gründung bis zur Auflösung

    Zum Beitrag
  • Ist eine Ziviltechnikergesellschaft in Form einer GmbH & Co KG zulässig?

    Zum Beitrag
  • Geld zurück von der eigenen GmbH? – mögliche Kapitalherabsetzung seit dem GesRÄG 2023

    Zum Beitrag

Produkt-Empfehlungen

Produkt-Empfehlungen