Geschäftsführer werden ist (vielleicht) nicht schwer, Geschäftsführer sein (manchmal) umso mehr?
RA Mag. Georg Streit stellt die Pflichten des Geschäftsführers sowie die damit verbundenen Risiken und die mögliche Haftung des Geschäftsführers anhand der jüngsten Rechtsprechung dar.
Im GmbH- und Gesellschaftsrecht nimmt das Thema Geschäftsführer(-haftung) traditionsgemäß breiten Raum ein. Das wohl mit gutem Grund, birgt diese Tätigkeit doch neben der Erfüllung vieler Aufgaben auch damit verbundene Risiken. Die vermutlich am häufigsten erörterte Problematik ist jene der unzulässigen Einlagenrückgewähr (§ 82 GmbH-G), zuletzt etwa im Newsletter-Beitrag vom 14.04.2025 und Beitrag vom 20.05.2025.
Wenn auch die persönliche Haftung des Geschäftsführers einer GmbH grundsätzlich nur in Ausnahmesituationen besteht – oder wenn explizite gesetzliche Vorschriften dies anordnen, etwa die Haftung für Abgabenforderungen gegenüber dem Bund und für Beitragsschulden gegenüber den Sozialversicherungsträgern –, bietet die Praxis doch immer wieder Fälle, in denen der Geschäftsführer einer GmbH persönlich die Haftung für sein Handeln als Geschäftsführer übernehmen musste. Die Latte liegt für Kläger dabei allerdings recht hoch.
Haftung des Geschäftsführers für fehlendes Stammkapital
Schon im Gründungsvorgang lauert eine Gefahr für den Geschäftsführer. Dieser hat in der Anmeldung der Eintragung der Gesellschaft zum Firmenbuch die Erklärung abzugeben, dass die angemeldeten Stammeinlagen im angegebenen Ausmaß einbezahlt sind. Gibt der Geschäftsführer schuldhaft eine unrichtige Erklärung ab, führt dies nicht dazu, dass die Gesellschaft gar nicht entsteht und nicht im Firmenbuch eingetragen wird. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung stets zu fingieren, dass die Gesellschaft ohne die falschen Angaben des Geschäftsführers ordnungsgemäß dotiert und daher eingetragen worden wäre. Die logische Konsequenz davon ist, dass der Geschäftsführer für den fehlenden Betrag schadenersatzpflichtig wird.1
Grundsatz: Haftung nur gegenüber der Gesellschaft – außer …
Grundsätzlich haftet der Geschäftsführer einer GmbH nur gegenüber der Gesellschaft, nicht aber gegenüber Gesellschaftsgläubigern.2 Eine Haftung des Geschäftsführers nach außen ist (außer in den genannten Fällen einer expliziten gesetzlichen Anordnung) nur bei vorsätzlichem, gegen Interessen der Gläubiger der Gesellschaft gerichtetem Handeln der Geschäftsführer denkbar, sofern dies gerichtlich strafbar wäre, etwa bei Eingriffen in absolut geschützte Rechte, bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung oder der schuldhaften Verletzung von Interessen von Gesellschaftsgläubigern. Das sind aber Ausnahmsfälle und setzen ein grob rechtswidriges Verhalten des Geschäftsführers voraus.
Dabei ist die Haftung des Geschäftsführers gegenüber einem Gläubiger der Gesellschaft nicht nur denkbar, wenn er selbst eine rechtswidrige Handlung gesetzt hat, sondern auch, wenn er gegen ein ihn bekanntes oder schuldhaftes rechtswidriges Verhalten von Personen, die die Gesellschaft verbindlich verpflichten konnten (zB Handlungsbevollmächtigte), nicht einschreitet.3 Auch die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Gesellschaft führt – wenig überraschend – zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers, etwa wenn der Geschäftsführer einen mit der Gesellschaft geschlossenen Liegenschaftsvertrag vereitelt.4
Gute Organisation und sorgfältige Überwachung
Das war nicht gegeben, als der Geschäftsführer einer GmbH eine der GmbH überlassene Maschine weiterverkaufte, noch bevor das Gegengeschäft für die Überlassung der Maschine von der GmbH erfüllt worden war. In der Folge wurde ein Insolvenzverfahren über die Gesellschaft eröffnet. Für den Kläger, der ja seine Leistung bereits erfüllt hatte, um die Gegenleistung aber „umfiel“, war in diesem Fall auch vom Geschäftsführer nichts zu holen, weil dieser nachweisen konnte, dass er ein Kontrollsystem installiert hatte, um den Weiterverkauf zu verhindern und die Einhaltung dieses Systems auch kontrollierte.5
Wenn auch der Geschäftsführer hier der Haftung entging, zeigt dieser Fall doch, dass die Anforderungen für die Geschäftsführung beachtlich sind. Die Sache hätte auch anders ausgehen können, wäre dem Geschäftsführer der Beweis nicht gelungen, hier für rechtswidrige Handlungen der Gesellschaft ausreichend Vorsorge getroffen zu haben.
Die unter dem Strich erfreuliche Nachricht für den Geschäftsführer ist aber, dass er grundsätzlich nur für eigenes Verschulden haftet. Arbeitnehmer der Gesellschaft sind nicht seine Erfüllungs- oder Besorgungsgehilfen, sie sind der Gesellschaft zuzurechnen. Den Geschäftsführer trifft daher nur mittelbar eine Haftung für deren Verhalten, nämlich wenn er diese Handlungen nicht kontrolliert, überwacht, instruiert und deren rechtswidriges Handeln nicht verhindert, wenn er es erkennt oder erkennen musste.
Und gibt es mehrere Geschäftsführer, haften diese solidarisch, wobei zu beachten ist, dass der Mitverschuldenseinwand hinsichtlich eines Mitgeschäftsführers nicht weiterhilft (§ 25 Abs 2 GmbH-G). 6
Wettbewerbsverbot
Das gesetzliche Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer dürfte allgemein bekannt sein. Immerhin ist es ständige Rechtsprechung, dass dieses nicht mehr gilt, wenn der Geschäftsführer abberufen wurde, auch wenn er weiterhin Gesellschafter bleibt.7
Fazit
Gute Organisation und eine Kontrolle derselben, am besten durch zuverlässige Mitarbeiter, und ein aktuelles und den Anforderungen der Tätigkeit der Gesellschaft entsprechendes Überwachungssystem sind die besten Voraussetzungen, eine Haftung der Geschäftsführung zu vermeiden. Wichtig ist es, immer am Ball zu bleiben, und auf der Höhe der Zeit zu sein.
Autor
Mag. Georg Streit ist Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte (Wien).
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Fußnoten:
1OGH 7 Ob 65/01m.
2§ 25 GmbH-G; ZPO OGH 4 Ob 222/18b.
3RS-Justiz 0023927.
44 Ob 222/18w.
5OGH 1 Ob 52/25p.
66 Ob 84/w.
7ZB 6 Ob 146/24z.