Mit dem „Green Deal“ zu mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen
Dem Begriff „Nachhaltigkeit“ kann man heute nur noch schwer aus dem Weg gehen. Auch Unternehmen sind gefordert, ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Inzwischen gibt es dafür in Europa zahlreiche Vorschriften.
Unter dem Begriff „Green Deal“ hat die EU ein ganzes Paket von Verordnungen, Richtlinien und anderen Maßnahmen verabschiedet, die dafür sorgen sollen, dass Europa bis 2050 klimaneutral ist. Einige dieser Maßnahmen betreffen in der Praxis nur wenige Unternehmen, wie etwa der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism), andere sind viel weitreichender, wie etwa die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung oder das Lieferkettengesetz.
EU-Taxonomie-Verordnung und Nachhaltigkeit
Die Strategie der Europäischen Union mit dem Green Deal zielt darauf ab, die Nachhaltigkeit nicht direkt zu regeln, sondern durch Vorschriften an die Wirtschaft Veränderungsdruck aufzubauen. Dazu gehört etwa die EU-Taxonomie-Verordnung, die Banken dazu bewegen soll, ihr Kapital gezielt auf nachhaltige Investitionen zu lenken. Da es sich um eine EU-Verordnung handelt, also um einen Rechtsakt mit allgemeiner Gültigkeit und unmittelbarer Wirksamkeit in den Mitgliedstaaten, war keine Umsetzung in nationales Recht durch die nationalen Gesetzgeber erforderlich. Die EU-Taxonomie-Verordnung ist damit bereits 2020 in Kraft getreten.
Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD
Noch weitreichender als die EU-Taxonomie-Verordnung ist die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD. Sie ist ein wesentlicher Teil des Green Deal und zwingt größere Unternehmen zum Verfassen und Veröffentlichen eines Nachhaltigkeitsberichts. Für die Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gelten derzeit noch folgende Schwellenwerte: 250 Beschäftigte, Nettoumsatz 50 Mio EUR sowie eine Bilanzsumme 25 Mio EUR; werden zwei von diesen drei Werten überschritten, ist das Unternehmen berichtspflichtig.
Mit dem so genannten Omnibus-Paket wurden weitreichende Änderungen angekündigt, die aber erst zum Teil rechtsverbindlich sind. So wird die Schwelle für die Berichtspflicht voraussichtlich auf 1000 Beschäftigte angehoben.
Die CSRD ist eine Transparenzpflicht: Sie verbietet schädliche Geschäftspraktiken nicht, zwingt die Unternehmen aber dazu, diese öffentlich zu machen. Auf diese Art soll Druck durch Öffentlichkeit, Kunden, Banken und andere Stakeholder erzeugt werden, um die schädlichen Geschäftspraktiken einzustellen oder zu reduzieren. So kann es für Unternehmen ohne Nachhaltigkeitsstrategie zunehmend schwierig werden, eine Finanzierung für Investitionen zu bekommen oder neue Märkte zu erschließen. Auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge kann eine glaubwürdige Strategie eine Voraussetzung sein.
Seit Sommer 2023 existiert mit den ESRS-Standards ein verbindlicher Rahmen für den Nachhaltigkeitsbericht; die bis dahin meist verwendeten GRI-Standards sind dadurch in den Hintergrund gerückt.
Kleinere Unternehmen sind durch den Schwellenwert von 250 Mitarbeitenden nicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. Indirekt werden aber auch KMU erfasst, denn Kundenunternehmen, Banken und andere Stakeholder fordern immer öfter auch kleine Unternehmen zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsdaten auf. Seit Sommer 2024 existiert mit dem Standard VSME eine speziell auf KMU zugeschnittene Richtlinie, die diesen die Erstellung eines vereinfachten Nachhaltigkeitsberichts erleichtern soll.
Greenwashing und Green Claims Directive
Aber die CSRD bringt nicht nur Nachteile: Sie verlangt von den Unternehmen, dass sie über die negativen, aber auch über die positiven Auswirkungen ihrer Tätigkeit berichten. Daher kann ein Nachhaltigkeitsbericht im Sinne einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie auch als PR-Maßnahme genutzt werden. Bei der Kommunikation von Nachhaltigkeitsmaßnahmen ist allerdings Vorsicht geboten, setzt man sich damit doch allzu schnell dem Vorwurf des Greenwashings aus. Als Greenwashing bezeichnet man unzutreffende, unpräzise oder übertriebene Behauptungen zu positiven Aspekten der eigenen Geschäftstätigkeit in Bezug auf Umwelt und Klima.
Bisher gingen Unternehmen großzügig mit Begriffen wie „umweltfreundlich“ oder „klimaneutral“ um, auch wenn viele Behauptungen gar nicht belegbar waren. Doch die Stimmung ändert sich: Die Verbraucher sind sensibel geworden, NGOs sind stets wachsam und prangern Greenwashing gerne öffentlich an, um medienwirksame Präzedenzfälle zu schaffen. Alleine der Verdacht des Greenwashings kann die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens nachhaltig schädigen und tatsächliche Bemühungen diskreditieren.
Die Green Claims Directive der EU soll Green Claims umfassend regeln und wird deren Nutzung kompliziert machen. Aber auch jetzt schon sollten Unternehmen vorsichtig bei der Kommunikation von Umweltaussagen sein, denn auf dem Weg des Wettbewerbsrechts sind unwahre Green Claims bereits klagsfähig, und ein öffentlich gemachter Greenwashing-Vorwurf ist Gift für die PR-Strategie.
Lieferkettengesetz im Green Deal
Die Kontrolle von Lieferketten ist ein weiterer wichtiger Baustein des Green Deal, denn bisher blieben Verstöße gegen Menschenrechte, unmenschliche Arbeitsbedingungen oder Umweltschädigungen weitgehend folgenlos für Unternehmen, sofern sie sie nicht direkt verursacht haben. Nun sollen europäische Unternehmen auch für Rechtsverstöße ihrer Lieferanten verantwortlich sein.
Deutschland verabschiedete bereits 2021 als eines der ersten Länder mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ein umfassendes Gesetz zur Kontrolle von Lieferketten. Das LkSG verpflichtet in Deutschland ansässige Unternehmen ab einer Größe von 1000 Mitarbeitenden zu umfangreichen Sorgfaltspflichten entlang ihrer Lieferkette und gilt damit als ein wichtiges „Role Model“ in diesem Bereich. Da viele österreichische Unternehmen nach Deutschland liefern, hatte das LkSG bereits Auswirkungen auch in Österreich.
Die von der EU 2024 verabschiedete Richtlinie Corporate Sustainability Due Diligence Directive (kurz CSDDD oder CS3D) soll noch weit darüber hinausgehen: Anders als das deutsche LkSG verpflichtet sie Unternehmen zu Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette und nicht nur bis zur nächsten oder übernächsten Ebene. Die Unternehmen wären demnach also verpflichtet, die Lieferkette bis hin zur Rohstoffgewinnung umfassend zu überwachen.
Wann und in welchem Ausmaß die Richtlinie, oft auch als Lieferkettengesetz bezeichnet, tatsächlich in Kraft treten wird, ist aber noch unklar, denn auch die CSDDD wird durch das Omnibus-Paket voraussichtlich weitgehend entschärft werden. Zunächst wurde die Umsetzungsfrist auf 26.07.2027 und die erste Anwendungspflicht auf 2028 verschoben für Unternehmen über 3000 Mitarbeitenden. Vorgeschlagen wurden zudem weitgehende Erleichterungen bei den Überwachungspflichten
Dennoch bleibt das Thema Lieferkettengesetz für Unternehmen relevant, denn Konzerne verlangen von ihren Lieferanten immer öfter auch Auskünfte über ihre Lieferketten. Durch den so genannten Kaskadeneffekt sind nahezu alle Unternehmen betroffen, auch solche, die unter dem gesetzlichen Schwellenwert von 3000 Mitarbeitenden liegen: Praktisch jedes Unternehmen ist Teil einer Lieferkette, und KMU werden zwar nicht vom Gesetz, aber sehr wohl von ihren Kundenbetrieben zur Überwachung ihrer Lieferkette verpflichtet werden. Ähnlich wie bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen sich daher auch Unternehmen, die nicht direkt betroffen sind, mit diesem Thema auseinandersetzen.
EU-Verordnung gegen Zwangsarbeit
In eine ähnliche Richtung wie die CSDDD zielt die EU-Verordnung gegen Zwangsarbeit (Forced Labour Regulation, FLR), die die Herstellung von Produkten und die Förderung von Rohstoffen unter Zwangsarbeit wirksam unterbinden soll. Die FLR trat am 13. Dezember 2024 in Kraft und verbietet ab dem 14. Dezember 2027 die Bereitstellung, Einfuhr und den Export von Produkten auf dem EU-Markt, die ganz oder teilweise unter Zwangsarbeit hergestellt wurden (Art 3).
EU-Entwaldungsverordnung EUDR
Die Entwaldungsverordnung EUDR verpflichtet Unternehmen, in der EU keine Rohstoffe oder Produkte mehr anzubieten, für die Waldgebiete geschädigt wurden. Das betrifft nicht nur Holz, sondern auch aus Holz hergestellte Produkte wie etwa Papier. Auch Produkte, für deren Herstellung häufig Waldgebiete gerodet werden, etwa Rindfleisch oder Kakao, sind erfasst. Die EUDR wird gemeinhin als Test für die Durchsetzbarkeit eines Lieferkettengesetzgebung angesehen. Auch die Schwächen zeigen sich an diesem Beispiel: Aktuell wird diskutiert, die EUDR, die eigentlich ab 01.01.2025 in Kraft treten soll, zumindest zu verschieben oder sogar deutlich abzuschwächen.