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Umgründungssteuerrichtlinien 2002 (UmgrStR 2002)
4.2.4.5.7 Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern
1441
Gemäß § 24 Abs 1 UmgrStG in Verbindung mit § 16 Abs 5 Z 3 UmgrStG können bis zum Tag des Abschlusses des Zusammenschlussvertrages tatsächlich vorhandene Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Verbindlichkeiten (ganz oder teilweise) zurückbehalten werden. Formal geschieht das Zurückbehalten durch Nichtaufnahme in die Zusammenschlussbilanz.
1442
Durch das Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern dürfen weder die Betriebs- oder Teilbetriebseigenschaft noch der positive Verkehrswert des Zusammenschlussvermögens verloren gehen.
1443
Das Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern zur privaten Nutzung stellt eine Entnahme dar. Es sind daher die Bewertungsregeln für Entnahmen nach § 6 Z 4 EStG 1988 anzuwenden. Bei Ansatz des Teilwertes kommt es daher zur Aufdeckung der stillen Reserven, die zu versteuern sind. Grund und Boden und gemäß § 6 Z 4 EStG 1988 idF AbgÄG 2023 auch Gebäude des Anlagevermögens sind dagegen mit dem Buchwert im Zeitpunkt der Entnahme zu bewerten.
Beispiel:
Ein rechnungslegungspflichtiger Einzelunternehmer überträgt seinen Betrieb auf eine Personengesellschaft. Ein bisher als gewillkürtes Betriebsvermögen bilanziertes bebautes Grundstück wird zur privaten (nichtunternehmerischen) Nutzung zurückbehalten. Es liegt eine rückwirkende Entnahme vor. Die Bewertung der Entnahme erfolgt bezüglich des Grund und Bodens zum Buchwert. Die Bewertung der Entnahme bezüglich des Gebäudes erfolgt
- bei Entnahmen nach dem 30.6.2023 grundsätzlich zum Buchwert (Rechtslage § 6 Z 4 EStG 1988 idF AbgÄG 2023);
- bei Entnahmen vor dem 1.7.2023 zum Teilwert (Rechtslage § 6 Z 4 EStG 1988 idF vor AbgÄG 2023), sodass die auf das Gebäude entfallenden stillen Reserven zu versteuern wären.
Umsatzsteuerlich liegt im Falle der bisherigen unternehmerischen Nutzung des Grundstückes steuerfreier Eigenverbrauch vor. Es kommt daher zu einer Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994.
1444
Ein Sonderfall des Zurückbehaltens liegt vor, wenn zurückbehaltene aktive oder passive Wirtschaftsgüter in das Sonderbetriebsvermögen wechseln:
- Ein Einzelunternehmer behält sich ein betrieblich genutztes und damit zum notwendigen Betriebsvermögen zählendes Grundstück zurück, stellt dieses aber der Mitunternehmerschaft zur betrieblichen Nutzung zur Verfügung. Das Grundstück wechselt zusammenschlussbedingt in das Sonderbetriebsvermögen, die steuerlichen Buchwerte sind fortzuführen (VwGH 19.5.2005, 2000/15/0179). Eine Vorsteuerkorrektur ist im Falle der umsatzsteuerpflichtigen entgeltlichen Überlassung nicht vorzunehmen. Die Entgelte für die Nutzungsüberlassung sind Sonderbetriebseinnahmen. Wird das Grundstück unentgeltlich zur Verfügung gestellt, ergeben sich ertragsteuerlich dieselben Konsequenzen, umsatzsteuerlich kommt es jedoch infolge des steuerfreien Eigenverbrauchs des Grundstücks zur Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994.
- Bei Übertragung des Betriebes durch eine Mitunternehmerschaft ist die gleichzeitige steuerneutrale Überführung von betrieblichen Wirtschaftsgütern aus dem Gesamthand- oder Gemeinschaftsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen der beteiligten Mitunternehmerschaft nur möglich, wenn die Eigenschaft von notwendigem oder gewillkürtem Sonderbetriebsvermögen weiterhin vorliegt und es im Zuge der Überführung zu keinen Verschiebungen bezüglich der Zuordnung (Substanzbeteiligung) der betroffenen Wirtschaftsgüter zu den beteiligten Mitunternehmern kommt (VwGH 17.1.1995, 94/14/0077). Siehe dazu auch Rz 1445.
- Bei Übertragung des Betriebes durch eine Mitunternehmerschaft stellt die Überführung von betrieblichen Wirtschaftsgütern in das Sonderbetriebsvermögen unter Änderung der Zuordnungsverhältnisse zu den beteiligten Mitunternehmern einen Entnahme/Einlage-Vorgang dar (siehe dazu EStR 2000 Rz 5931).
Beispiel 1:
Die AB-OG schließt sich mit C zur ABC-KG zusammen. Im durch die AB-OG übertragenen Betrieb befindet sich auch ein bebautes Grundstück, das im Zuge des Zusammenschlusses zur Gänze in das Sonderbetriebsvermögen des A überführt werden soll. Durch die Überführung in das Sonderbetriebsvermögen des A verliert B seine bisherige 50-prozentige Substanzbeteiligung am Grundstück. Es kommt zu einer Entnahme durch B und in weiterer Folge zu einer Zuwendung an A mit nachfolgender Einlage durch A. Die Entnahme des Grund und Bodens erfolgt zum Buchwert. Die Entnahme des Gebäudes erfolgt
- bei Entnahmen nach dem 30.6.2023 grundsätzlich zum Buchwert (Rechtslage § 6 Z 4 EStG 1988 idF AbgÄG 2023);
- bei Entnahmen vor dem 1.7.2023 zum Teilwert (Rechtslage § 6 Z 4 EStG 1988 idF vor AbgÄG 2023).
Die Erfassung der durch die Entnahme aufgedeckten stillen Reserven erfolgt im Rahmen der letzten Ergebnisfeststellung der übertragenden Mitunternehmerschaft und ist den Gesellschaftern entsprechend der Gewinnverteilung zuzurechnen.
Erfolgt die Änderung der Zuordnung von Wirtschaftsgütern gegen Gewährung von Gesellschafterrechten, stellt dies einen Tausch außerhalb des Anwendungsbereiches des Art. IV UmgrStG dar.
Beispiel 2:
Die AB-OG schließt sich mit C zur ABC-KG zusammen. Im durch die AB-OG übertragenen Betrieb befindet sich auch ein bebautes Grundstück, das im Zuge des Zusammenschlusses zur Gänze in das Sonderbetriebsvermögen des A überführt werden soll. Durch die Überführung in das Sonderbetriebsvermögen des A verliert B seine bisherige 50-prozentige Substanzbeteiligung am Grundstück. Im Gegenzug erhält B eine höhere Beteiligung an der Mitunternehmerschaft. Es liegt ein Tausch vor.
1445
Die Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Gesellschafts- bzw Gemeinschaftsvermögen einer Mitunternehmerschaft (zB Betriebsliegenschaft) in individuelles Quoteneigentum der Mitunternehmer kann eine Entnahme mit nachfolgender Einlage in das Sonderbetriebsvermögen darstellen:
- In eine unternehmensrechtliche Personengesellschaft (zB KG) tritt ein neuer Gesellschafter (zB Kommanditist) ein. Die bisher im Gesamthandvermögen der Gesellschaft stehende Liegenschaft wird in das Sonderbetriebsvermögen (individuelles Quoteneigentum) der bisherigen Gesellschafter überführt und der Gesellschaft zur Nutzung überlassen. Das rückwirkende Überführen ist eine Entnahme aus dem Gesamthandeigentum mit anschließender Einlage ins Sonderbetriebsvermögen. Eine steuerneutrale Überführung ins individuelle Quoteneigentum erfolgt dann, wenn die Beteiligungsquoten an der Mitunternehmerschaft vor dem Zusammenschluss mit den nachfolgenden Miteigentumsquoten am Grundstück übereinstimmen (VwGH 19.5.2005, 2000/15/0179). Stimmen die Miteigentumsquoten am nunmehrigen Sonderbetriebsvermögen nicht mit den Beteiligungsquoten an der Mitunternehmerschaft überein, ist das Gebäude zum Teilwert und der Grund und Boden grundsätzlich zum Buchwert zu entnehmen. Entnahmen des Gebäudes erfolgen- nach dem 30.6.2023 grundsätzlich zum Buchwert; 
- vor dem 1.7.2023 zum Teilwert, wobei hinsichtlich des Gebäudes eine vereinfachte Teilwertermittlung erfolgt (EStR 2000 Rz 5926). 
 Eine allenfalls auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten übertragene Rücklage gemäß § 12 EStG 1988 ist steuerpflichtig aufzulösen; da diesfalls der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 3 EStG 1988 nicht anwendbar ist, erfolgt die Entnahme des Grundstücks auch nach dem 30.6.2023 zum Teilwert (vgl. EStR 2000 Rz 2635). Eine steuerneutrale Überführung des Grundstücks ist auch dann zulässig, wenn der Mitunternehmeranteil zum Betriebsvermögen des Mitunternehmers gehört (KStR 2013 Rz 406). Umsatzsteuerlich kann eine Lieferung des Grundstücks von der Gesellschaft an die (neue) Miteigentümergemeinschaft angenommen werden. Es kann daher bei Option zur Steuerpflicht eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 vermieden werden, falls eine anschließende entgeltliche Überlassung durch die Miteigentümergemeinschaft erfolgt.
 
- Zu einer GesbR tritt ein weiterer Gesellschafter hinzu. Ein Grundstück wird vom Gesellschaftsvermögen der (alten) GesbR ins Sonderbetriebsvermögen (individuelles Quoteneigentum) der bisherigen Gesellschafter überführt und der erweiterten (neuen) GesbR zur Nutzung überlassen. Es liegt ein Entnahme-Einlagetatbestand vor, es sei denn, es liegt die im Vorpunkt erwähnte Übereinstimmung der Beteiligungsverhältnisse vor dem Zusammenschluss mit den nachfolgenden Miteigentumsverhältnissen am Grundstück vor. Obwohl die GesbR kein zivilrechtliches Gesamthandeigentum haben kann (wie eine OG/KG), besitzt sie aus ertragsteuerlicher Sicht ein diesem gleichwertiges gemeinschaftliches Betriebsvermögen (Gesellschafts-, Gemeinschaftsvermögen). Zum Ansatz der Entnahme von Grund und Boden und Gebäude sowie zu den Folgen aufgrund einer übertragenen Rücklage gemäß § 12 EStG 1988 siehe bereits den obigen Bulletpoint.
1445a
Das Zurückbehalten von Anlagegütern ist im Sinne des dem allgemeinen Ertragsteuerrecht innewohnenden Grundsatzes, dass sich die Sachentnahme aus dem Betrieb grundsätzlich auch auf das mit dem Aktivum zusammenhängenden Passivum bezieht, nur mehr zusammen mit dem unmittelbar verbundenem Fremdkapital möglich. Der Zusammenhang ist nur dann unbeachtlich, wenn vom Stichtag zurück bereits mehr als sieben Wirtschaftsjahre vergangen sind.
Beispiel:
Der rechnungslegungspflichtige A überträgt seinen Einzelbetrieb zum 31.12.10 auf die A-GmbH&CoKG gegen Gewährung von Gesellschafterrechten und möchte dabei die a) zum gewillkürten b) zum notwendigen Betriebsvermögen gehörende Liegenschaft zurückbehalten. Am Zusammenschlussstichtag ist ein anschaffungsbedingter Kredit in Höhe von 15.000 offen. Sollte die Anschaffung der Liegenschaft vor dem 31.12.03 erfolgt sein, kann A den Kredit übertragen, obwohl die Betriebsliegenschaft zurückbehalten wird. Ist die Anschaffung später erfolgt, kommt es im Fall a) zwingend zur Entnahme der Liegenschaft bzw hinsichtlich des zurückbehaltenen Kredits zu einem Einlagentatbestand, im Fall b) zum Übergang der Liegenschaft und des Kredits in das Sonderbetriebsvermögen.
Zu den Rechtsfolgen der Verletzung der zusammenhängenden Beurteilung siehe Rz 1447b.
 
    